
Zweifamilienhaus - Wann entfällt der Mieterschutz?
Mieter von Wohnräumen sind umfassend gegen Mieterhöhungen und Kündigungen geschützt. Eine Kündigung des Mietverhältnisses kann grundsätzlich nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses, d.h.
eines gesetzlichen Kündigungsgrundes z.B. Eigenbedarf erfolgen. Eine der wenigen Ausnahmen besteht bei einem Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäude
mit nicht mehr als zwei Wohnungen (Sonderkündigungsrecht des Vermieters, § 573a Abs. 1 BGB).
Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen weitere Räume in einem Zweifamilienhaus eine „dritte Wohnung“ darstellen mit der Folge, dass das Sonderkündigungsrecht des Vermieters
ausgeschlossen ist, gibt es inzwischen eine umfangreiche Rechtsprechung. In zwei neuen Urteilen haben das AG Gießen sowie das AG Koblenz Stellung zur Frage genommen, wann von einer dritten
Wohnung auszugehen ist und ob es auf die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzung dieser Räume als Wohnung ankommt. Für die Beurteilung, ob in einem Gebäude (nicht) mehr als zwei Wohnungen
vorhanden sind, ist die Verkehrsanschauung maßgebend. Danach ist eine Wohnung ein selbstständiger, räumlich und wirtschaftlich abgegrenzter Bereich, der eine eigenständige Haushaltsführung
ermöglicht. Dies ist z.B. auch der Fall bei einer Einliegerwohnung, die neben einem Wohn- bzw. Schlafzim-mer auch über eine Küchenzeile und ein Bad mit Toilette verfügt (so bereits BGH, Urteil v.
17.11.2010, VIII ZR 90/10, WuM 2011, S. 34). Existieren neben den zwei Wohnungen zusätzliche Räume, ist somit entscheidend, ob darin die für die Führung eines selbständigen Haushalts
erforderlichen Versorgungsanschlüsse für eine Küche oder Kochgelegenheit wie Wasser- und Energieanschluss sowie ein Abfluss vorhanden sind. Nicht erforderlich ist, dass die Küche mit Möbeln und
Geräten z.B. mit einer Küchenzeile ausgestattet ist (BGH, Urteil v. 18.02.2015, VIII ZR 127/14). Besteht nur eine Mitbenutzungsmöglichkeit in einer Wohnung, ist der Begriff „Wohnung“ nicht
erfüllt. Gleiches gilt nach einem neuen Urteil des AG Koblenz, wenn es im Keller der Immobilie Räume gibt, die zwar zu einer dritten Wohneinheit umgebaut werden könnten, aber im Zeitpunkt des
Zugangs der Kündigung nach der Verkehrsanschauung keine eigenständige Haushaltsführung ermöglichen. Nach einem weiteren neuen Urteil des AG Gießen ist es im Falle der Möglichkeit einer
eigenständigen Haushaltsführung jedoch unerheblich, wenn diese Räume entgegen den bauordnungsrechtlichen Vorschriften errichtet wurden. Die Unzulässigkeit der Nutzung als Wohnung nach
öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z.B. wegen unzureichender Belichtung oder zu geringer Raumhöhen) schließt nach Auffassung des AG Gießen die Qualifizierung als dritte Wohnung nicht aus mit
der Folge, dass ein Sonderkündigungsrecht des Vermieters in diesem Falle nicht besteht (AG Gießen, Urteil v. 17.01.2025, 46 C 55/24, WuM 2025, S. 306, AG Koblenz, Urteil v. 10.04.2025, 152 C
2003/24, WuM 2025, S. 309).
Tiefgaragenstellplatz - Rangieren ist zumutbar
Ein Tiefgaragenstellplatz muss es einem Fahrer mit mittleren Fahrkünsten erlauben, ein Kraftfahrzeug mit durchschnittlichen Ausmaßen ein- und auszuparken. Ein Mangel liegt nicht schon dann vor,
wenn das Einparken in einem Zug nicht möglich ist. Dies hat das KG Berlin entschieden. Kraftfahrzeuge, insbes. auch Personenkraftwagen wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer schwerer,
länger und vor allem auch breiter. Tiefgaragenstellplätze älteren Baujahrs waren auf im Durchschnitt kleinere Fahrzeuge ausgelegt. Das Ein- und Auspacken mit modernen Fahrzeugen insbes. SUV und
Vans kann problematisch oder gar unmöglich sein. Grundsätzlich gilt, dass sich sowohl Käufer als auch Mieter von Stellplätzen in eigener Verantwortung vor Unterzeichnung des Vertrages
vergewissern müssen, ob der Stellplatz für ihr Fahrzeug geeignet ist. In dem vom KG Berlin entschiedenen Fall ging es um Mängelansprüche aus einem Kaufvertrag. Die Entscheidungsgründe des
Gerichts können jedoch grundsätzlich auch auf eventuelle Gewährleistungsansprüche eines Mieters (z.B. auf Mietminderung) übertragen werden. Vorliegend ging es um einen Tiefgaragenstellplatz mit
einer Länge von 5,06 m und einer Breite von 2,39 m, der rechtwinklig am Ende der 5,99 m breiten Fahrgasse der Tiefgarage liegt. Die seitliche Begrenzungswand des streitgegenständlichen
Stellplatzes läuft als Begrenzungswand für das Fahrbahnende und den gegenüberliegenden Stellplatz durch. Das Gericht gestand dem Käufer eine Kaufpreisminderung zu, da die Position des neu zu
errichtenden Stellplatzes aus der Baubeschreibung nicht klar ersichtlich war. Dagegen können bei Kauf oder Anmietung eines bereits bestehenden Stellplatzes Ansprüche nur auf Mängel gestützt
werden, die bei der Besichtigung nicht erkennbar oder vom Verkäufer bzw. Vermieter arglistig verschwiegen worden sind. Das Gericht wies daraufhin, dass für die übliche Nutzung eines
Tiefgaragenstellplatzes jedenfalls eine Fahrtaktik zum Abstellen des Fahrzeuges möglich sein muss, die ohne einen erhöhten Rangieraufwand oder ohne eine nennenswerte Komforteinbuße auskommt.
Sofern nichts anderes vereinbart ist, besteht kein Anspruch darauf, mit einem Mittelklassefahrzeug in einem Zug ohne Korrekturzüge ein- und auspacken zu können, den Stellplatz vorwärts ansteuern
und vorwärts ohne Korrekturzug einpacken zu können oder eine Wendemöglichkeit in unmittelbarer Nähe des Stellplatzes nutzen zu können. Der geschuldete Standard ist erst dann unterschritten mit
der Folge, dass eine Kaufpreisbzw. Mietminderung zulässig ist, wenn das Ein- und Ausparken die Grenze des Zumutbaren mit einem durchschnittlichen Fahrzeug und durchschnittlichen Fahrkünsten
überschreitet. In diesem Rahmen hat der Nutzer gewisse Toleranzen beim Komfort des Ein- und Auspackens hinzunehmen (KG Berlin, Urteil vom 12.03.2025, 21 U 138/24, GE 2025, S. 388).
Wohnung und Garage - Einheitliches Mietverhältnis?
Enthält der Wohnungsmietvertrag eine Klausel, wonach „der Mietvertrag für den Stellplatz automatisch mit der Beendigung des Mietvertrages über die Wohnung endet“, ist nach einem Urteil des LG
München I die Vermutung für zwei getrennte Mietverträge selbst dann widerlegt, wenn Wohnung und Stellplatz mittels getrennter Mietverträge und zeitlichem Abstand von mehreren Jahren angemietet
wurden. Wurde ein Stellplatz bzw. eine Garage zusammen mit dem Wohnraum vermietet z.B. dadurch, dass sie im Wohnraummietvertrag unter den vermieteten Räumlichkeiten angeführt ist oder ohne
Erwähnung im Mietvertrag überlassen wurde, liegt nach der Rechtsprechung ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnung und Garage vor. Dies hat zur Folge, dass eine Teilkündigung der Garage
unzulässig ist und die Garage nur zusammen mit dem Wohnraum unter Einhaltung der Wo hnraumkündigungsschutzvorschriften kündbar ist. Dagegen spricht bei einem schriftlichen Wohnungsmietvertrag und
einem separat abgeschlossenen Mietvertrag über eine Garage eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbstständigkeit der beiden Vereinbarungen. Für die Widerlegung dieser Vermutung von
selbständigen Mietverträgen müssen besondere Umstände vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Mietverhältnisse über Wohnung und Garage nach dem Willen der Beteiligten eine
rechtliche Einheit bilden sollen. Dies kann angenommen werden, wenn Garage und Wohnung auf demselben Grundstück liegen (BGH, Urteil v. 12.10.2011, VIII ZR 251/10, ZMR 2012, S. 176). Aber auch
dann lässt eine Kündigungsfrist im Garagenmietvertrag, die von den Kündigungsfristen für Wohnraum abweicht, auf den Willen der Parteien schließen, dass es sich um zwei rechtlich selbständige
Mietverträge handeln soll. Dies gilt selbst dann, wenn bei Mieterhöhungen Wohnraum- und Garagenmiete im selben Verhältnis angehoben wurden (BGH, Beschlüsse v. 09.04.2013, VIII ZR 245/13, WuM
2013, S. 421 und v. 04.06.2013, VIII ZR 422/12, NZM 2013, S. 726). Gleiches gilt, wenn Wohnung und Stellplatz zwar auf demselben Grundstück liegen; der separate, zu einem anderen Zeitpunkt
geschlossene Stellplatzmietvertrag aber an keiner Stelle auf den Wohnraummietvertrag Bezug nimmt und auch der Vermieter ohne berechtigtes Interesse, d.h. ohne Angaben eines Kündigungsgrundes zu
einer ordentlichen Kündigung des Stellplatzvertrages berechtigt sein soll (BGH, Beschluss v. 14.12.2021, VIII ZR 94/20, ZMR 2022, S. 949). In dem vom LG München I entschiedenen Fall befand sich
die angemietete Wohnung und der Stellplatz auf demselben Grundstück. Die Mieten für die Wohnung und den Stellplatz wurden durch unterschiedliche Daueraufträge überwiesen. Allerdings enthielt der
Wohnungsmietvertrag folgende Klausel: „Der Mietvertrag für den Stellplatz endet automatisch mit der Beendigung des Mietvertrages über die Wohnung“. Damit war nach Auffassung des LG München I die
Vermutung für zwei getrennte Mietverträge widerlegt, obwohl Wohnung und Garage mittels getrennter Mietverträge und zeitlichem Abstand von mehreren Jahren angemietet wurden. Aus der
Mietvertragsklausel folgt - so das LG München I - gerade für den auf dem Grundstück der Wohnung befindlichen Stellplatz, dass die Parteien den Stellplatzvertrag in den Wohnraummietvertrag
einbeziehen wollten. Dementsprechend hat das LG München I die Klage des Vermieters auf Räumung und Herausgabe des KfzStellplatzes abgewiesen (LG München I, Urteil v. 08.05.2024,14 S 7162/21, ZMR
2025, S. 207).
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