Bundestag beschließt neues Gebäudeenergiegesetz

Nachdem vor der Sommerpause des deutschen Bundestages das Bundesverfassungsgericht die Verabschiedung des umstrittenen „Habeck‘schen Heizgesetzes“ (im Fachjargon: Gebäudeenergiegesetz: GEG) noch im Eilverfahren gestoppt hatte, wurde am 08.09.2023 nunmehr der letzte Gesetzesentwurf vom Bundestag verabschiedet.

Der Bundesrat hat am 29.09.2023 zugestimmt, somit kann das Gesetz zum 01.01.2024 in Kraft treten. Gegenüber den ursprünglichen Plänen wurden – auch aufgrund der massiven Kritik von Haus & Grund – einige Änderungen vorgenommen.

 

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass keineswegs eine Austauschpflicht für voll funktionsfähige Heizungen besteht. Diese dürfen weiterhin betrieben und auch – soweit und solange wie möglich – repariert werden. Oftmals wird fälschlicherweise dargestellt, dass jede Heizung nach 30 Jahren ausgetauscht werden muss. Dieses Betriebsverbot (§ 72 GEG) besteht bereits seit mehreren Jahren und gilt auch weiterhin für sogenannte Konstanttemperaturkessel. Niedertemperaturkessel oder Brennwertkessel (zumeist am Außentemperaturfühler an der Hausfassade erkennbar) dürfen weiterhin betrieben werden, auch wenn diese älter als 30 Jahre sind. Erst ab 2045 gilt ein generelles Betriebsverbot für Heizungen, die ausschließlich mit fossilen Brennstoffen bestückt werden können. Lediglich wenn der Austausch des ganzen Heizkessels nach dem 01.01.2024 notwendig ist, müssen die neuen Vorschriften eingehalten werden. Insbesondere müssen Heizungen mindestens 65% der bereitgestellten Wärme aus erneuerbaren Energien erzeugen. Im Folgenden sind die größten Neuerungen des beschlossenen Gesetzes dargestellt:

 

- Kommunale Wärmeplanung:
Parallel um Gebäudeenergiegesetz wird im Wärmeplanungsgesetz (WPG) die flächendeckende Wärmeplanung für alle Gemeinden und Städte verpflichtend. Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen bis zum 30.06.2026 und Gemeinden mit bis zu 100.000 Einwohnern müssen bis zum 30.06.2028 Wärmepläne erstellen, um für die Gebäudeeigentümer Planungssicherheit zu schaffen. Diese sind vergleichbar mit Flächennutzungsplänen und stellen in Karten und Textform die derzeitige und die geplante zukünftige Wärmeversorgungsstruktur für die gesamte Gemeinde dar. Hierin werden also etwa bestehende Gas- oder Fernwärmenetze sowie Ausbaupläne für zukünftige Netze kartographiert.

 

- Neubaugebiete müssen ab 01.01.2024
mindestens 65% erneuerbare Energien einsetzen.

 

- Kein generelles Einbauverbot für Gas- und Ölheizungen in Bestandsimmobilien oder bei Baulücken:
Es dürfen auch nach dem 01.01.2024 neue Gas- und Ölheizungen verbaut werden, die ihre Energie nicht zu mindestens 65% aus erneuerbaren Energien gewinnen, solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt (§ 71 Abs. 8 GEG). Auch dürfen über den 01.01.2026 hinaus Ölheizungen eingebaut werden, da diese mit sog. e-fuels betrieben werden können. Beim Einbau einer neuen Gas- oder Ölheizung muss allerdings eine Beratung durch eine fachkundige Person (§§ 60b Abs. 3 S. 2, 88 Abs. 1 GEG - z.B. Schornsteinfeger, Heizungsbauer, Energieberater) stattfinden, die über mögliche Kostenrisiken einer fossil betriebenen Heizungsanlage u.a. vor dem Hintergrund der zu erwartenden steigenden Preise für fossile Brennstoffe durch den europäischen Emissionshandel aufklärt. Auch über die Betriebskostenentwicklung aufgrund des ab 2029 stufenweise ansteigenden verpflichtenden Bezugs von Biomethan oder grünem oder blauem Wasserstoff sind sie aufzuklären sowie über die möglichen Auswirkungen der Wärmeplanung (§ 71 Abs. 11 GEG). Zudem muss sichergestellt sein, dass das verbaute Heizungsmodell ab 01.01.2029 mindestens 15 Prozent, ab 01.01.2035 mindestens 30 Prozent und ab 01.01.2040 mindestens 60 Prozent der bereitgestellten Wärme aus Biomasse oder Wasserstoff einschließlich deren Derivate erzeugen kann (§ 71 Abs. 9 GEG). Diese Regelungen finden auch entsprechende Anwendung bei der Schließung von Baulücken in einem Baugebiet, deren bauplanungs-rechtliche Zulässigkeit der zu errichtenden Gebäude sich aus den §§ 34, 35 BauGB in der jeweils geltenden Fassung oder aus § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB ergibt (§ 71 Abs. 10 GEG).

 

- Bei Vorliegen einer kommunalen Wärmeplanung muss die Wärme zu mindestens 65% aus erneuerbaren Energien gewonnen werden oder dieses Kriterium muss jedenfalls als erfüllt gelten. Beispielsweise ist bei einer Wärmepumpe zwar nicht sichergestellt, dass der Strom aus mehr als 65% erneuerbaren Energien herrührt; da aber der Eigentümer auf die Stromerzeugung kaum Einfluss hat, gilt dieses Kriterium per Gesetz als erfüllt. Ähnlich liegt der Fall etwa bei der Fernwärme.

Hier stehen im Grunde folgende Möglichkeiten zur Auswahl:

  • Anschluss an ein Wärmenetz (§ 71b GEG)
  • Einbau einer Wärmepumpe mit Wärmequelle Luft, Erdreich oder Wasser (§ 71c GEG)
  • Einbau einer Biomasseheizung auf Basis flüssiger (§ 71f GEG) oder fester Biomasse (§ 71g GEG) – z.B. Pelletsheizung
  • Einbau einer Hybridheizung (fossile Heizung und 65 %-EE-Technologien
  • Einbau einer Stromdirektheizung (§ 71d GEG) in gut gedämmten Häusern und in Ein- und Zweifamilienhäusern, wenn Eigentümer selbst darin wohnt

- Übergangsregelungen:
In § 71i GEG ist nunmehr eine allgemeine Übergangsfrist von 5 Jahren geregelt. Nicht nur bei einer Heizungshavarie (ungeplanter Totalausfall), sondern auch bei einem geplanten Heizungsaustausch darf für höchstens 5 Jahre eine andere Heizungsanlage verbaut und betrieben werden, die nicht die 65%-Anforderung erfüllt. Hierbei darf es sich auch um eine gebrauchte Heizungsanlage handeln. Eine Übergangsfrist von bis zu 10 Jahren sieht das Gesetz (§ 71j GEG) vor, wenn ein Vertrag zur Lieferung von mindestens 65% der Wärme aus erneuerbaren Energien sowie zum Anschluss an ein Wärmenetz abgeschlossen wird und sich der Netzbetreiber hierin verpflichtet das Gebäude innerhalb von 10 Jahren an das Wärmenetz anzuschließen und in Betrieb zu nehmen. Wasserstofffähige Heizungen („H2-ready“) dürfen gem. § 71k GEG sogar bis 31.12.2044 ohne Einhaltung der 65%-Anforderung betrieben werden, sofern das Objekt in einem Wasserstoff-Ausbaugebiet liegt oder eine Planung zur Umstellung des Gasnetzes auf Wasserstoff bis 2045 vorliegt und diese Pläne von der Bundesnetzagentur genehmigt sind.

 

- Gasetagenheizungen oder Einzelöfen:
Ein großes Thema sind Gasetagenheizungen. Liegt eine kommunale Wärmeplanung vor, muss jede neu eingebaute Gasetagenheizung die 65%-Anforderung erfüllen. Zusätzlich ist in § 71l GEG geregelt, dass innerhalb von 5 Jahren ab Ausfall der ersten Gasetagenheizung der Eigentümer oder die WEG entscheiden muss, ob weiterhin dezentral oder zentral geheizt werden soll. Soll weiterhin dezentral geheizt werden, gilt die allgemeine Übergangsfrist von 5 Jahren. Soll hingegen auf Zentralheizung umgestellt werden, so verlängert sich diese Frist um bis zu 8 Jahre. Die Eigentümer haben dann ab Ausfall der ersten Gasetagenheizung höchstenfalls 13 Jahre Zeit bis die neue Zentralheizung, die die 65%-Anforderung erfüllt, in Betrieb geht.

 

- Weitere Regelungen:

  • Es besteht keine generelle Austauschpflicht für Heizungspumpen
  • Bei Gebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten wird ein „Heizungscheck“ innerhalb eines Jahres nach Ablauf von 15 Jahren nach Einbau der Heizungsanlage Pflicht (§ 60b GEG). Hierbei wird geprüft, ob die Anlage möglichst energieeffizient läuft, also ob etwa effiziente Pumpen verbaut, die Rohre gedämmt oder aber ob die Heizkurven optimal eingestellt sind. Sodann muss die Heizung optimiert werden und zudem ist ein hydraulischer Abgleich vorzunehmen (§ 60c GEG).
  • Auf Verlangen muss der Vermieter Nachweise über den Heizungscheck und über die ggf. gebotene und erfolgte Optimierung dem Mieter vorlegen.

- Ausnahmen:
Ursprünglich sollte nur eine Ausnahme für Eigentümer, die 80 Jahre oder älter waren und das Objekt selbst bewohnt haben, eingeführt werden. Diese Klausel wurde durch eine altersunabhängige Härtefallregelung ersetzt, die auch sachliche Gründe für eine soziale Härte zulässt. Zudem wurde beschlossen, dass sich Eigentümer auf unbillige Härte berufen können und gem. § 102 GEG auf Antrag von den Regelungen befreien lassen können, wenn das Investitionsvorhaben nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Gebäudewert steht oder aufgrund besonderer persönlicher Umstände die Erfüllung der Anforderungen des Gesetzes nicht zumutbar ist.

 

- Mietrechtliche Regelungen:
Der Einbau einer Heizungsanlage, die die Anforderungen des GEG erfüllt, soll nunmehr als eigene Modernisierungsmaßnahme in § 555b Nr. 1a BGB mitaufgenommen werden. Es bestehen dann insofern zwei Möglichkeiten: Eine Mieterhöhung kann nach der bisherigen energetischen Modernisierung (§ 555b Nr. 1 BGB) oder nach der neue Maßnahme (§ 555b Nr. 1a BGB) durchgeführt werden.

 

Bei der energetischen Sanierung (§ 555b Nr. 1 BGB) muss der Vermieter Instandhaltungskosten und Abnutzungsgrad der alten Heizung berücksichtigen und entsprechend abziehen (§ 559 Abs. 2 S.2 BGB). Er kann dann die Miete um 8 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen (§ 559 Abs. 1 BGB). Voraussetzung für die neue Variante ist, dass der Vermieter staatliche Zuschüsse in Anspruch genommen hat. Dann darf er die Miete um 10% erhöhen (§ 559e BGB). Hierbei ist ein Pauschalabzug von 15% für Instandhaltungsmaßnahmen vorzunehmen.

In beiden Fällen besteht allerdings bzgl. der Heizung eine neue Kappungsgrenze: So darf sich die monatliche Miete um nicht mehr als € 0,50 je Quadratmeter Wohnfläche innerhalb von sechs Jahren erhöhen. Für weitere Maßnahmen, wenngleich sie in Zusammenhang mit dem Heizungs-einbau stehen (z.B. bei einer Wärmedämmung), gilt diese spezielle Kappungsgrenze nicht. Hier gilt die Kappungsgrenze von € 2,00 bzw. € 3,00 des 559 Abs. 3a BGB. Allerdings werden die € 0,50 der Heizungsmodernisierung angerechnet, so dass die € 2,00 bzw. € 3,00 nicht überschritten werden dürfen. Bei Indexmietverträgen (gem. § 557b BGB) sind Mieterhöhungen wegen Modernisierung ausgeschlossen. Trotz der staatlichen Regelung zum Einbau einer GEG-konformen Heizung, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, ist eine Mieterhöhung nach der neuen Variante ebenso ausgeschlossen worden (§ 557b Abs. 2 S. 2 BGB).

 

- Änderungen der Heiz- und Betriebskostenverordnung für Wärmepumpen:
Bisher waren Gebäude von der Heizkostenverordnung ausnahmsweise (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 HeizKV) ausgenommen, wenn dieses mittels Wärmepumpe beheizt wurde. Diese Ausnahme entfällt, so dass auch bei Wärmepumpen künftig die Heizkosten nach Verbrauch erfasst und abgerechnet werden müssen. So  müssen  gem.  §  12  Abs.  3  HeizKV  bis  zum  30.  September  2025 Wärmeerfassungsgeräte angebracht und die Heizkosten ab der darauf folgenden Heizperiode gemäß den Regelungen der Heizkostenverordnung erfasst und abgerechnet werden. Aus diesem Grund werden in die Betriebskostenverordnung nun auch die zur Wärmeerzeugung verbrauchten Stromkosten aufgenommen.

 

Förderung:
Im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wird es bei der BAFA Investitionszuschüsse und bei der KfW-Förderkredite mit Tilgungszuschüssen ab 01.01.2024 geben. Der Austausch und Einbau einer GEG-gerechten Heizungsanlage soll mit einer einkommensunabhängigen Grundförderung von 30% bezuschusst werden. Bei selbstgenutzten Wohnobjekten ist zudem eine weitere 30%ige Förderung vorgesehen, wenn das zu versteuernde Einkommen bis zu € 40.000 pro Jahr und Haushalt beträgt. Einen sog. „Klima-Geschwindigkeitsbonus“ von zusätzlichen 20% kommt hinzu, wenn selbstnutzende Eigentümer bis einschließlich 2028 auf eine GEG-konforme Heizung umrüsten. Danach schmilzt dieser Betrag alle 2 Jahre um drei Prozentpunkte ab.

 

Förderungen und Boni können insgesamt auf bis zu 70% kumuliert werden, allerdings sind die förderfähigen Investitionskosten bei einem Einfamilienhaus auf € 30.000 gedeckelt. Bei einem Mehrfamilienhaus ist die Deckelung für die erste Wohneinheit auf € 30.000, für die zweite bis sechste Wohneinheit auf je € 10.000, ab der siebten Wohneinheit für jede weitere auf € 3.000 begrenzt.

Eine weitere Förderungen von 15% wird es für zusätzliche Gebäude-Energie-effizienzmaßnahmen wie etwa Wärmedämmung, Fenstertausch, Modernisierung der Anlagentechnik geben. Bei Vorliegen eines Sanierungsfahrplans kommen weitere 5% hinzu. Die maximal förderfähigen Investitionskosten für Effizienz-maßnahmen liegen bei € 60.000 pro Wohneinheit mit Sanierungsfahrplan bzw. € 30.000 ohne Sanierungsfahrplan. Zuschussförderungen für Effizienzmaßnahmen können, müssen aber nicht zusammen mit einer Zuschussförderung für den Heizungsaustausch beantragt werden. Zusätzlich wird es zinsvergünstigte KfW-Kredite für Haushalte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von € 90.000 geben. Insbesondere sollen diese Kredite Eigentümern zur Verfügung stehen, die auf dem freien Markt aufgrund von Alter oder Einkommen keine Kredite erhalten würden. Der Bund wird hierbei das Ausfallrisiko übernehmen.

 

 

 

Wirtschaftsjurist Andreas Stürzer
Rechtsabteilung
HAUS + GRUND MÜNCHEN

www.hug-m.de

www.szenario8.de/haus-und-grund


Kommentar schreiben

Kommentare: 0