Zinstief kostet Lebensversicherungskunden noch mehr Rendite

Die anhaltenden Niedrigzinsen kommen die deutschen Lebens- und Rentenversicherungskunden immer teurer zu stehen. Im laufenden Jahr sinkt die laufende Verzinsung aus Garantiezins und Überschussbeteiligung von durchschnittlich 3,54 Prozent im Vorjahr auf nur noch 3,33 Prozent, wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Ratingagentur Assekurata hervorgeht. Für die nächsten Jahre rechnet Assekurata-Chef Reiner Will mit einer Fortsetzung des Abwärtstrends. Die Versicherer müssen derweil weitere Milliarden für Altverträge beiseitelegen.

Denn viele Kunden haben noch Anspruch auf Zinsgarantien von bis zu 4 Prozent. Für Verträge, die seit Anfang 2015 abgeschlossen werden, gilt hingegen ein erneut gesenkter Garantiezins von 1,25 Prozent.

Derzeit erwirtschaften die Versicherer mit dem Geld ihrer Kunden noch mehr als drei Prozent Rendite pro Jahr. Um auch die Zinsgarantien aus den Altverträgen abzudecken, mussten die Unternehmen laut Assekurata im vergangenen Jahr acht Milliarden Euro in die sogenannte Zinszusatzreserve einbuchen. Seit dem Jahr 2011 ist der Posten damit auf gut 20 Milliarden Euro angeschwollen. Im laufenden Jahr dürften weitere neun Milliarden hinzukommen, sagte Assekurata-Analyst Lars Heermann. "Das wäre ein neuer Rekord."

Die Zinszusatzreserve geht zulasten der Kunden mit neueren Verträgen, die geringere Garantieansprüche haben. So werfen Neuverträge in der privaten Rentenversicherung laut Assekurata 2015 im Schnitt nur noch eine laufende Verzinsung von 3,16 Prozent ab. "Wir gehen davon aus, dass dieser Wert 2016 unter die Marke von drei Prozent fällt", sagte Assekurata-Chef Will.

Die Verzinsung bezieht sich nur auf den Sparanteil der Beiträge, der nach Abzug der Kosten des Versicherers angelegt wird. Die Kosten mindern die Verzinsung für den Kunden laut Assekurata im Schnitt um 0,79 Prozentpunkte. Bezogen auf die tatsächlich eingezahlten Beiträge werfe ein Vertrag mit einer Zinsgarantie von 1,25 Prozent in diesem Jahr im Schnitt nur eine Rendite von 0,42 Prozent ab, sagte Heermann. Das ist weniger als halb so viel wie im Vorjahr, als der Wert noch bei 0,93 Prozent gelegen hatte. Hinzu kommen laufend Überschüsse sowie ein Nachschlag zum Vertragsende. Daher könne der Abschluss einer Lebensversicherung weiterhin sinnvoll sein, sagte Will.

Nach der erneuten Absenkung des Garantiezinses zum Jahreswechsel erwartet Analyst Heermann nun etwas Stabilität. Voraussichtlich werde es erst 2018 zu einer weiteren Kappung kommen. Der zulässige Höchstrechnungszins wird vom Bundesfinanzministerium festgelegt. Er gilt nur für Neuverträge. Grundlage der Entscheidung ist die durchschnittliche Verzinsung zehnjähriger Staatsanleihen mit Spitzenrating der vorangegangenen zehn Jahre. Die Niedrigzinsen an den Finanzmärkten drücken bei den Lebens- und Rentenversicherungen seit einiger Zeit auf die Rendite.

Versicherungsunternehmen wie die Allianz <ALV.ETR>, die Munich-Re-Tochter <MUV2.ETR> Ergo oder die Talanx-Sparte <TLX.ETR> HDI reagieren auf diese Entwicklung mit neuen Vertragsmodellen. Die neuartigen Versicherungsverträge umfassen keinen klassischen Garantiezins und sollen den Kunden die Chance auf höhere Renditen bieten.

Im Detail unterscheiden sich die Angebote stark. Sie investieren teilweise in Indexfonds oder bieten Garantien etwa zum Erhalt der Beiträge, die erst ab einer bestimmten Vertragslaufzeit greifen. Vergleichen ließen sie sich aber nur schwer, sagte Analyst Heermann. So hänge die Wertentwicklung bei den indexfondsbasierten Verträgen von der Entwicklung bestimmter Aktienindizes ab. "Die Komplexität der Lebensversicherung wird durch die neuen Angebote nicht geringer", sagte Will.

dpa