Plan für mehr Spontanität im Bundestag

Mehr Leidenschaft, weniger Langeweile - Bundestagspräsident Lammert will mehr Leben ins Plenum bringen. Foto: Stephanie Pilick/Archiv
Mehr Leidenschaft, weniger Langeweile - Bundestagspräsident Lammert will mehr Leben ins Plenum bringen. Foto: Stephanie Pilick/Archiv

Ein Vorstoß von Bundestagspräsident Norbert Lammert für mehr Lebendigkeit im Bundestag trifft auf Zustimmung von Opposition und Experten. Der Vorschlag, der deutlich über bisherige Pläne der Koalition hinausgeht, soll heute erstmals im Ältestenrat des Parlaments beraten werden, wie die Deutsche Presse-Agentur in Berlin aus Fraktionskreisen erfuhr.

Zentrales Ziel des Vorschlags: Der Bundestag soll künftig die Themen bestimmen, zu denen die Abgeordneten in der Regierungsbefragung mittwochs Vertreter der Bundesregierung im Plenum befragen. 

Bisher gibt faktisch die Regierung die Themen vor. Lammerts Vorschlag sieht unter anderem vor, dass gerade aktuelle Fragen Thema werden können - nicht nur die Themen der vorangegangenen Kabinettssitzung.

Auf positive Reaktionen stoßen Lammerts Vorschläge bei der Bertelsmann Stiftung, die im Dezember mit einer Studie über das geringe Interesse vieler Bürger am Bundestag für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. «Der neue Vorschlag wäre aus meiner Sicht ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung», sagte Robert Vehrkamp, Experte für Fragen der Demokratie bei der Stiftung, der Deutschen Presse-Agentur. Ähnlich hatten sich bereits die Parlamentarischen Geschäftsführerinnen der Linken und Grünen, Petra Sitte und Britta Haßelmann, geäußert.

Vehrkamp lobte die vorgeschlagene Themenvorgabe aus dem Parlament statt durch die Regierung. Auch eine Verlängerung der spontaneren Regierungsbefragung von 30 auf 60 Minuten wäre nach Einschätzung des Experten gut. Die bisher eher formal wirkende Fragestunde, die ebenfalls mittwochs auf dem Parlamentsplan steht, will Lammert von 120 auf bis zu 60 Minuten verkürzen.

Die Regierungsbefragung dient heute dazu, dass die Abgeordneten mittwochs nach der Kabinettssitzung über die in der Bundesregierung besprochenen Vorhaben Auskunft erhalten. Hier standen den Parlamentariern zuletzt vermehrt auch Bundesminister zur Verfügung, während bei der Fragestunde in der Regel Staatssekretäre die Beantwortung vorher eingereichter Fragen übernehmen.

Lammert hatte Ende September aus Verärgerung über das Fernbleiben der Minister die mangelnde Attraktivität der Regierungsbefragung im Bundestag beklagt. Die Koalition war mit einem Reformvorschlag darauf eingegangen. Grüne und Linke lehnten diesen aber als völlig unzureichend ab.

Laut der Bertelsmann-Studie nehmen die meisten Bundesbürger die Debatten und die Arbeit im Bundestag kaum wahr. Nur jeder Vierte kann sich konkret an eine Debatte der vergangenen Monate erinnern.

«Bedauerlich bleibt, dass sich auch künftig weder die Bundeskanzlerin noch der Vizekanzler dem Parlament stellen werden, obwohl zumindest der Vizekanzler ja über seine Ressortverantwortung eingebunden bliebe», meinte Studienautor Vehrkamp mit Blick auf Lammerts Vorstoß. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) ist zugleich Wirtschaftsminister. «Auch eine innovative Einbeziehung von Bürgerfragen bleibt wohl zunächst außen vor.» Der Wissenschaftler meinte aber: «Vielleicht kommt das Parlament ja auf den Geschmack, nutzt die Chancen des neuen Modells und geht dann nach der Sommerpause 2015 noch ein paar Schritte weiter.»

dpa