Die Stones wie sie sich sehen lassen wollen

Noch immer quicklebendig: Die Rollings Stones bei einem Auftritt im letzten Jahr in Düsseldorf. Foto: Oliver Berg
Noch immer quicklebendig: Die Rollings Stones bei einem Auftritt im letzten Jahr in Düsseldorf. Foto: Oliver Berg

Sag mir, wie alt die Rolling Stones in deiner ersten Erinnerung sind, und ich sage dir, wie alt du bist: Die Band, zu deren bekanntesten Song-Slogans gehört, dass ihr Tun ja nur Rock'n'Roll ist, prägt seit mehr als einem halben Jahrhundert das Lebensgefühl vieler Menschen.

Und dass nicht nur als Musiker. «The Rolling Stones», ein opulenter Bildband im LP-Format – also gut 30 mal 30 Zentimeter – führt jetzt vor Augen, wie sehr Mick Jagger & Co Aussehen, Kleidung und Verhalten ihrer vielen Fans beeinflusst haben.

Es sind zum ganz großen Teil Fotos aus Sessions von offiziell dazu beauftragten Fotografen. In dem fast fünf Kilogramm schweren Wälzer zeigen uns die Stones also das, was sie von sich zeigen wollen. So wie man in Familienalben auch nur den Teil der Familiengeschichte zeigt, den man zeigen will. Gerade die frühen Fotoserien mit Brian Jones – also die erste Ära bis 1969 - zeigen die Band im völligen Widerspruch zu dem, was damals in den etablierten Medien verbreitet wurde. Nämlich mit frisch gewaschenen Haaren und nach heutigen Maßstäben korrekt gekleidet. Die Stones galten damals aber eher als Bande ungewaschener, langhaariger Unruhestifter. «Nur, weil wir uns für etwas anderes entschieden haben und unser Haar länger tragen, mussten sie sich diese lächerlichen Storys über unsere mangelnde Körperpflege aus den Fingern saugen», sagte Brian Jones 1966. «Jedes Mädchen kann dir sagen, dass du längeres Haar sehr viel öfter waschen musst, weil es schneller schmutzig wird.» Zitate wie dieses aus der zeitgenössischen Presse begleiten die Fotos.

Jones war am Anfang das Zentrum der Stones – und mit seiner blonden Mähne anfangs auch der Mädchenschwarm vor Jagger. Das änderte sich allmählich mit dem Erfolg des Songwriter-Duos Jagger/Richards. Ein doppelseitiges Schwarzweißfoto auf Seite 80/81 sagt mehr als 1000 Worte: Jones mit um seine Gitarre verschränkten Armen, ziemlich sauer einen herausfordernden Blick Richards' erwidernd. Dazwischen Jagger, Richards einen Seitenblick zuwerfend, der zu sagen scheint: Mach mal halblang, Keith. 

Danach ist der Verfall Jones auch auf den offiziellen Fotos kaum noch zu kaschieren. Jagger und Richards übernehmen die Führung einer Band, die in den 70er Jahren endgültig zur größten Rockband der Welt wurde. Die Beatles hatten sich da aufgelöst und ihnen sozusagen das Feld überlassen. Die Fotos zeigen, was man auf epochalen Alben wie «Exile On Main Street» nicht hört: Dass der erste Jones-Nachfolger Mick Taylor nicht in den Stones-Kosmos passte, dass er sich meist eher unwohl zu fühlen schien. Ron Wood war dagegen sofort ein echter Stone.

Selbst im Erfolg sind die Stones irgendwie Outcasts, Rebellen geblieben. Ganz so, wie ihr Manager Andrew Loog Oldham es schon 1966 formulierte: «Wir hielten uns an die Devise: Wenn du schon alle Konventionen mit den Füßen trittst – dann bitte auch mit beiden.»

Für Rolling-Stones-Fans ist der Bildband eine ideale Ergänzung zur Musik und den Biografien, in denen Richards und Ex-Bassist Bill Wyman aus recht unterschiedlichen Perspektiven die Geschichte dieser einzigartigen Band erzählen. 

- «The Rolling Stones», herausgegeben von Reuel Golden, erschienen bei Taschen 2014

dpa