Mittelstand findet wieder leichter Arbeitskräfte

In der Metallwerkstatt des Bildungswerks der Sächsischen Wirtschaft in Chemnitz startet ein aus Vietnam stammender Lehrling in die Ausbildung zum Mechatroniker. Foto: Hendrik Schmidt/Archiv
In der Metallwerkstatt des Bildungswerks der Sächsischen Wirtschaft in Chemnitz startet ein aus Vietnam stammender Lehrling in die Ausbildung zum Mechatroniker. Foto: Hendrik Schmidt/Archiv

Zuwanderer und mehr beschäftigte Ältere helfen den Unternehmen auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern. Doch die Wirtschaft warnt ebenso wie die Grünen: Das reicht nicht. Der deutsche Mittelstand findet wieder etwas leichter Fachkräfte. In der Pflege, im Maschinenbau oder der Elektrotechnik gibt es aber weiter spürbare Engpässe. Das geht aus dem «Fortschrittsbericht 2014 zum Fachkräfte-konzept der Bundesregierung» hervor, der das Kabinett passierte. 71 Prozent der Unter-nehmen gaben im vergangenen Jahr an, dass es für sie derzeit sehr oder eher schwer sei, neue und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden. 2013 waren es noch 75 Prozent. Die Zahlen schwanken: 2011 waren es 72 Prozent.

 

Ein Grund für die Entwicklung ist, dass immer mehr qualifizierte Fachkräfte nach Deutschland kommen. Mit unterm Strich 429 000 mehr Zuwanderern gab es 2013 den größten Zuwachs seit zehn Jahren. Zudem sind deutlich mehr Ältere im Job. Ihre Erwerbstätigenquote stieg nach jüngsten Zahlen auf 63,6 Prozent 2013.

Bei den Berufen mit zu wenig qualifiziertem Nachwuchs ist neu ein Mangel an Spezialisten in der Altenpflege hinzugekommen. Mangel herrscht auch im Metallbau, in der Ver- und Entsorgung, bei Klempnern und in den Bereichen Sanitär/Heizung - aber auch bei IT-Berufen. Flächendeckenden Fachkräftemangel gebe es nicht. Die Zahl der Mangelberufe ging binnen eines Jahres um einen auf 19 zurück.

Ministerin Andrea Nahles (SPD) meinte: «Die Fachkräftesicherung wird zunehmend über gute Arbeitsbedingungen entschieden.» Auch darin müsse investiert werden. Laut dem Bericht kann die Zahl der Erwerbspersonen in Deutschland in den kommenden Jahren am stärksten wachsen, wenn die Wochenarbeitszeit von Frauen erhöht wird. Die nächstgrößten Effekte erwarten Experten davon, dass mehr Frauen als heute überhaupt im Job, dass mehr Ältere und mehr Migranten beschäftigt sind.

Die Arbeitgeber warnten vor erheblichen Einbußen für die Wirtschaft, falls Deutschland den Fachkräftemangel nicht in den Griff bekommt. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wenn wir nicht gegensteuern, werden die volkswirtschaftliche Leistungskraft und unsere Sozialsysteme massiv gefährdet.» Verluste bei der Wertschöpfung in Milliardenhöhe drohten.

Nach Ansicht des Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, muss das Zuwanderungsrecht transparenter, übersichtlicher und verständlicher gefasst werden. «Mittel- bis langfristig kann es Sinn machen, das bisherige Regelwerk für dauerhafte Zuwanderung nach Deutschland um ein Punktesystem zu ergänzen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Allerdings solle man sich genau ansehen, wie das System zum Beispiel in Kanada funktioniere. Kramer sagte, mehr inländische Potenziale müssten erschlossen werden. «Gleichzeitig müssen wir auch Fachkräfte aus dem Ausland - und gerade aus außereuropäischen Staaten - dauerhaft für ein Leben und Arbeiten in Deutschland gewinnen.»

Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer kritisierte, Nahles trage zur Fachkräftesicherung herzlich wenig bei. Nötig sei etwa eine Ausbildungsgarantie, mit der die Zahl junger Menschen ohne Abschluss gesenkt werden könne.

dpa