Fraser Andersons späte Folk-Jazz-Offenbarung

Fraser Anderson im Café - einHauch von Südfrankreich durchweht sein Album. Foto: Membran
Fraser Anderson im Café - einHauch von Südfrankreich durchweht sein Album. Foto: Membran

Fünf Jahre Anlaufzeit musste Fraser Anderson nehmen, um sein Album «Little Glass Box» endlich einem breiteren Publikum zu präsentieren. Zum Glück für jeden Freund schöner Songwriter-Musik zwischen Folk und Jazz hatte er Geduld. Denn eigentlich erschien dieses kleine Meisterstück bereits 2010 - damals aber ohne große Plattenfirma im Hintergrund, die die Songs «richtig» veröffentlichen mochte. Anderson hatte sein ganzes Geld in die Produktion gesteckt und verkaufte «Little Glass Box» bei seinen Konzerten, wie sein neues Label Membran Records jetzt berichtet. 

Warum diese Lieder in Zeiten eines regelrechten Indie-Folk-Booms so lange weitgehend unbeachtet blieben, ist freilich kaum zu erklären - da müssen einige Talentscouts ganz fest geschlafen haben. Denn was Fraser Anderson nach dem noch etwas unscheinbaren Opener «Rag & Bones» abliefert, ist eine Offenbarung für jeden Fan von Brit-Folk-Klassikern wie Nick Drake oder John Martyn, aber auch von aktuellen Singer-Songwritern wie Ray Lamontagne, Nick Mulvey, Finian Paul Greenall alias Fink oder Scott Matthews. Das kunstvolle Gitarren-Fingerpicking von Anderson selbst, das jazzige E-Piano von Max Middleton, das raschelnde Schlagzeug von Martin Ditcham, der warm tönende Kontrabass des legendären Danny Thompson sowie gelegentlich etwas Trompete von Dick Pearce - mehr braucht es nicht für eine wunderbar intim klingende, vor Intensität vibrierende Platte ohne Schwachpunkt.

Und dann ist da natürlich noch die flexible, oft ins Falsett emporsteigende Stimme von Fraser Anderson, die an die oben genannten Vorbilder denken lässt und doch ganz eigene Qualitäten besitzt. Wenn er zu einem lässigen Latin-Jazz-Arrangement über einen Tag in New York erzählt, hört man diesem zwischen Zerbrechlichkeit und Sinnlichkeit pendelnden Gesang gebannt zu. 

Aufgenommen wurde «Little Glass Box» 2010 in der Region Languedoc an der Mittelmeerküste - im Südwesten Frankreichs lebte der Schotte Anderson mit seiner Familie, bevor er ins britische Bristol umzog. Die mediterrane Sonne und das Lebensgefühl jener herrlichen Region haben auf die Atmosphäre dieser entspannten, toll komponierten und produzierten Platte hörbar eingewirkt. Man kann nur hoffen, dass es nach der verspäteten Veröffentlichung des fünf Jahre alten Materials schon bald mehr von Fraser Anderson zu hören gibt.

dpa