"Birdman" räumt bei den Oscars ab

Der mexikanische Regisseur Alejandro G. Iñárritu ist der Mann des Abends. Foto: Paul Buck
Der mexikanische Regisseur Alejandro G. Iñárritu ist der Mann des Abends. Foto: Paul Buck

Die Hollywood-Satire «Birdman» ist der große Sieger der 87. Oscar-Verleihung. Die bitterböse Komödie des mexikanischen Regisseurs Alejandro G. Iñárritu über die Abgründe im Showgeschäft gewann in den Königskategorien bester Film und beste Regie und bekam den Oscar für Kamera und Original-Drehbuch. Ebenfalls vier Trophäen erhielt die deutsche Ko-Prodauktion «Grand Budapest Hotel» von Wes Anderson, allerdings in Nebenkategorien: für das beste Kostümdesign, das Produktions-design und das beste Make-up sowie die beste Filmmusik. 

Einige der Preisträger setzten politische Akzente mit ihrem Einsatz für die Rechte von Frauen und Schwarzen. Und Moderator Neil Patrick Harris überraschte mit einem Auftritt in Unterhosen. Als bester Hauptdarsteller wurde der 33-jährige Brite Eddie Redmayne für seine Darstellung des Physikers Stephen Hawking in «Die Entdeckung der Unendlichkeit» ausgezeichnet. Die 54-jährige Amerikanerin Julianne Moore bekam den Oscar als beste Hauptdarstellerin für ihre Rolle in dem Alzheimer-Drama «Still Alice - Mein Leben ohne Gestern».

In den Nebenrollen konnten sich J.K. Simmons (60) und Patricia Arquette (46) durchsetzen. Er spielt einen aggressiven Musiklehrer in «Whiplash», sie eine Mutter in dem über zwölf Jahre gedrehten Jugenddrama «Boyhood». Das Musikerdrama «Whiplash» von Damien Chazelle erhielt außerdem die Oscars für Filmschnitt und die Tonmischung.

Als beste Dokumentation zeichnete die Academy «Citizenfour» über den NSA-Whistleblower Edward Snowden aus. Snowden ließ aus seinem russischen Asyl Glückwünsche an Filmemacherin Laura Poitras übermitteln: «Ich hoffe, dass dieser Preis mehr Menschen dazu bewegen wird, den Film anzuschauen und sich von seiner Botschaft inspirieren zu lassen. Einfache Bürger können gemeinsam die Welt verändern.» NDR und BR hatten die Dokumentation unterstützt. «Laura Poitras ist für ihren investigativen Film hohe persönliche Risiken eingegangen», sagte NDR-Intendant Lutz Marmor am Montag in Hamburg.

Wim Wenders, in derselben Sparte mit «Das Salz der Erde» über den Fotografen Sebastião Salgado im Rennen, hatte dagegen auch bei seiner dritten Nominierung das Nachsehen.

Der Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film ging nach Polen, geehrt wurde «Ida» des polnischen Regisseurs Pawel Pawlikowski. Die polnische Kulturministerin Malgorzata Omilanowska würdigte den Preis als den «größten Erfolg des polnischen Kinos».

Zwei Dankesreden gehörten zu den Höhepunkten dieser sonst eher durchschnittlichen Oscar-Nacht. Patricia Arquette nutzte ihren Auftritt zu einem kämpferischen Aufruf für Frauenrechte. «Nun ist endlich unser Moment gekommen - für gleiche Löhne und gleiche Rechte für Frauen in den Vereinigten Staaten von Amerika», rief sie unter dem Applaus von Stars wie Meryl Streep. Sänger John Legend (bester Filmsong «Glory», Bürgerrechtsdrama «Selma») setzte sich für die Rechte von Schwarzen ein: «Es sind heute mehr Schwarze unter Kontrolle der Justiz als zu Zeiten der Sklaverei 1850», sagte er.

Moderator Neil Patrick Harris (41) blieb unpolitisch, abgesehen von einem Gag über die «weißesten, äh, hellsten Sterne Hollywoods» angesichts weniger schwarzer Nominierter. Für Aufsehen und zahllose Twitter-Reaktionen sorgte er vielmehr mit einem kurzen Auftritt in weißen Unterhosen - eine Anspielung auf den Oscar-Gewinner «Birdman oder Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit» - so der volle Titel des Films -, in dem Hauptdarsteller Michael Keaton in Unterwäsche am Broadway durch die Menschenmenge läuft.

Im fernen Deutschland schauten die Fans kurz nach dem Start der Live-Übertragung in die Röhre. Etwa sieben Minuten lang sahen sie nur das Oscar-Logo statt der Verleihung. «Leitung abgerauscht», teilte der Sender ProSieben zur Begründung mit.

dpa