Merkel fordert auf der CeBIT fairen Wettbewerb von China

Chinas Vize-Ministerpräsident Ma Kai und Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der CeBIT. Foto: Christian Charisius
Chinas Vize-Ministerpräsident Ma Kai und Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der CeBIT. Foto: Christian Charisius

«In der Wirtschaft wird kein Stein auf dem anderen bleiben», warnt auf der CeBIT-Eröffnung der Chef des IT-Verbands Bitkom. Die digitale Vernetzung verändert alle Branchen. Kanzlerin Merkel nutzte die Bühne in Hannover unterdessen auch für ein deutliches Signal an Peking. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zum Auftakt der weltgrößten IT-Messe CeBIT fairen Wettbewerb vom diesjährigen Partnerland China eingefordert. «Unternehmen und Investoren haben ein natürliches Interesse daran, dass sie wissen, in welchen Rahmen-bedingungen sie arbeiten: 

Berechenbarkeit, Verlässlichkeit, Gleichbehandlung der verschiedenen Unternehmen in unseren Ländern», sagte die CDU-Politikerin am Sonntagabend in Hannover. Viele ausländische Geschäftsleute in China haben derzeit das Gefühl, dass einheimische Firmen bevorzugt behandelt werden. Im Mittelpunkt der CeBIT steht in diesem Jahr vor allem der große Wandel durch die Digitalisierung. «In der Wirtschaft wird kein Stein auf dem anderen bleiben», warnte der Präsident des Branchenverbands Bitkom, Dieter Kempf, bei der Eröffnungsfeier. Vor allem die Vernetzung aller Maschinen und Geräte und das neue Geschäft mit den dabei erhobenen Daten werden nach Einschätzung von Experten ganze Branchen umpflügen.

Pünktlich zur CeBIT zeigen zwei Studien, wie groß die Gefahr einer verschleppten Digitalisierung für die deutsche Wirtschaft wäre. So ließ der Industrieverband BDI die Unternehmensberatung Roland Berger berechnen, welche Einbußen drohten, sollte die Industrie die Verschiebung der Geschäftsmodelle in den IT-Bereich nicht konsequent genug vorantreiben. Demnach ergäben sich allein für Deutschland bis zum Jahr 2025 rund 220 Milliarden Euro Wertschöpfungsverluste, wie die «Welt am Sonntag» aus der ihr vorliegenden Studie berichtete. Wertschöpfung umfasst den Mehrwert, den Produktion und Dienstleistungen bringen.

Laut der Berger-Studie würde eine verschleppte Digitalisierung in der deutschen Industrie vor allem die Automobil- und Logistikbranche treffen, die bis zu 140 Milliarden Euro einbüßen könnten. Für Europa insgesamt wären es 605 Milliarden Euro. Im Vergleich zur gesamten Wirtschaftsleistung der Industrie hierzulande wären die laut Berger über zehn Jahre berechneten Summen zwar nur ein Bruchteil der industriellen Kraft - doch sie träfen die Zukunftsfähigkeit.

Zudem befragte der Beratungskonzern EY die Unternehmen direkt. Laut der repräsentativen Studie, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, droht dem Wirtschaftsstandort Deutschland ein Dilemma: Obwohl der Druck zur Digitalisierung im internationalen Vergleich gerade für die deutsche Unternehmenslandschaft am größten ist, können sich die Betriebe in Deutschland dem Wandel nicht so stellen, wie sie gerne würden. Zentrale Hemmschuhe: Budget- und Fachkräftemangel.

Laut der EY-Studie wird zwar einiges angestoßen, doch die Digitalisierung genieße noch nicht den nötigen Vorrang - oder es fehle schlicht das Know-how, um die gewünschten Projekte auch umsetzen zu können. So ließen sich etwa die Schweiz, Schweden und Südkorea die Vorbereitung auf die digitale Revolution spürbar mehr kosten als es in Deutschland der Fall sei.

Der Gründer der chinesischen Online-Plattform Alibaba, Jack Ma, nannte zugleich bei der Eröffnungsfeier die Beständigkeit deutscher Unternehmen wie Mercedes-Benz und Siemens ein Vorbild für die Digitalwirtschaft. Er sei auf der CeBIT, «weil ich dieses fehlende Teil für das Puzzle Internet finden will». Alibaba steht hinter der größten chinesischen Onlinehandels-Plattform und schaffte im vergangenen Herbst in New York den bisher weltgrößten Börsengang.

China sei bereit, Handelshemmnisse und Hindernisse jedweder Art zu beseitigen, um einen globalen Markt aufzubauen, sagte der chinesische Vize-Ministerpräsident Ma Kai in Hannover. Er warb zudem für ein internationales Regelwerk für die IT-Sicherheit.

Die CeBIT öffnet am Montag für Besucher und läuft noch bis Freitag. Die Veranstalter machten die CeBIT, die einst auch viele Privatleute besuchten, zu einer vor allem auf Unternehmen ausgerichteten Messe.

Die Sicherheit ist ein CeBIT-Schwerpunkt am Montag. Neben der Zukunft des Verkehrs geht es auch um Attacken auf wichtige Infrastruktur.

dpa