Bluesrock-Reifezeugnis für Jesper Munk

Mann mit Gitarre: Jesper Munk. Foto: Susie Knoll
Mann mit Gitarre: Jesper Munk. Foto: Susie Knoll

Der Justin Bieber des Bluesrock? Ein eitler Retro-Soul-Poser mit heller Haut und blonden Haaren? Oder doch eher ein Bruder im Geiste wahrer Recken des Genres wie Dan Auerbach und Jack White? Das zweite Album von Jesper Munk wirft Fragen auf. Wenn man «Claim» (Warner) dann mal unvoreingenommen hört und sich vom etwas zu sehr auf cool und smart getrimmten Cover löst, bleiben indes kaum Zweifel an der Qualität der Platte und am Können dieses gerade mal 22-jährigen Deutsch-Dänen aus München übrig. 

Nicht nur nennt der junge Mann eine wunderbar ungekünstelte, früh in Richtung Blues-Rauheit gealterte Stimme sein eigen. Munk hat auch noch die richtigen Verwandtschafts- und sonstigen Beziehungen. Sein Vater ist der deutsche Musiker Rainer Germann (einst bei Marionetz, The Mask und Cat Sun Flower, aktuell Jespers Bassist und Berater). Und das Album wurde teilweise mit echten Koryphäen in den USA aufgenommen: Top-Produzent Mocky (Feist) stand in Los Angeles zur Verfügung, der Neo-Bluesrock-Kultstar Jon Spencer in New York. Dass «Claim» nicht glattgebügelt wurde, sondern mit seiner Mixtur aus Blues, Rock, Soul und Folk schön erdig, fast dreckig klingt, ist die besondere Leistung aller Beteiligten.

«Die Studiomusiker dort waren selbst erst in meinem Alter, und allen miteinander war es scheißegal, wie alt ich bin oder wie ich aussehe. Ich fühlte mich extrem wohl und akzeptiert», sagte Sänger und Gitarrist Munk dem «Piranha»-Magazin über die Sessions in den Staaten. Die relaxte Stimmung schlug sich in tollen Interpretationen des äußerst ausgereiften Songmaterials nieder.

Der schnoddrige Tonfall von «White Picket Fence», der punkige Unterbau des Openers «Courage For Love», das authentische Gekrächze von «Reeperbahn», der Rockabilly «Ya Don't Have To Say Goodbye», die Neo-Blues-Wucht von «101 Proof» oder «It Takes Two», der federleichte Gitarrenpop von «The Parched Well», aber auch sensibel gesungene Southern-Soul-Balladen wie «Morning Coffee», «Clean» oder «Guilty» - dieses 14-Song-Album (in der Limited Edition sind es noch einige mehr) hat viele Facetten.

Kurzum: «Claim» ist das Reifezeugnis eines völlig zu Recht selbstbewussten jungen Musikers. Und man würde sich nicht wundern, wenn er demnächst im Vorprogramm der momentanen Bluesrock-Speerspitze Black Keys, Jack White oder Gary Clark Jr auftauchte, mit denen Jesper Munk bereits ehrenvoll verglichen wird. Nicht nur nach deutschen Maßstäben ein überragendes Talent.

dpa