Massiver Gewaltausbruch bei EZB-Eröffnung in Frankfurt

Mülltonnen und Polizeifahrzeug in Flammen: «Für uns kein "Aufwärmen", sondern eine Straftat!», twitterte die Polizei. Foto: Arne Dedert
Mülltonnen und Polizeifahrzeug in Flammen: «Für uns kein "Aufwärmen", sondern eine Straftat!», twitterte die Polizei. Foto: Arne Dedert

Zur Eröffnung des Frankfurter EZB-Hochhauses eskaliert die Gewalt. Während drinnen eine kleine Party steigt, lassen Blockupy-Aktivisten draußen ihrer Wut auf die Banker freien Lauf.Brennende Barrikaden, Autos in Flammen, vermummte Steinewerfer: Bei schweren Auseinandersetzungen zwischen Aktivisten der kapitalismuskritischen Blockupy-Bewegung und der Polizei sind in Frankfurt mindestens 200 Menschen verletzt worden.

Anlass für die Proteste, die schon am Morgen in Gewalt umschlugen, war die Eröffnung des Neubau der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Polizei setzte Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke gegen Randalierer ein und nahm 15 Personen fest. Im Tagesverlauf waren weitere Demonstrationen und Kundgebungen mit mindestens 10 000 Teilnehmern geplant.

Während drinnen bei einer Feier in kleinem Rahmen Reden gehalten wurden, standen sich am Polizeizaun um die beiden völlig abgeriegelten EZB-Türme starke Polizeikräfte und Demonstranten gegenüber. Seit dem frühen Morgen gab es immer wieder massive gewaltsame Auseinandersetzungen im weiten Umkreis.

Der Verkehr kam zum Erliegen, viele Geschäfte waren geschlossen. Am Mittag beruhigte sich die Lage rund um die EZB. In der Stadt strömten Tausende zu einer Kundgebung auf dem Römerberg vor dem Rathaus.

Demonstranten warfen Pflastersteine und Böller gegen Polizisten und Wasserwerfer. Am Morgen gab es kaum eine Straßenkreuzung in dem Stadtteil, an der nicht Mülltonnen, Autoreifen oder Fahrzeuge brannten, darunter Polizeiautos.

Nach Angaben der Polizei waren rund 3000 Demonstranten am Zaun aufgezogen und versuchten, das weiträumig abgesperrte Gelände der EZB zu stürmen, wurden aber von den Beamten gestoppt. Insgesamt waren laut Blockupy etwa 6000 Aktivisten unterwegs, davon 1000 aus dem Ausland.

Rauchschwaden zogen über das Mainufer, in der Luft lag der beißende Geruch von Tränengas. Feuerwehrwagen und Straßenbahnen seien mit Steinen attackiert, die Feuerwehr, die zu dutzenden Einsätzen ausrückte, am Löschen gehindert worden, teilte die Polizei mit. Am Morgen habe mehr als ein halbes Dutzend Polizeiwagen in Flammen gestanden, die Atmosphäre sei «aggressiv» gewesen.

Nach Polizeiangaben wurden bis zum Mittag 91 Polizisten verletzt, einige seien von Steinen am Kopf getroffen worden. Ein Sprecher des Blockupy-Bündnisses berichtete, beim Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken durch die Polizei seien 128 Demonstranten verletzt worden. Ein dänischer Aktivist sagte: «Ich bin enttäuscht darüber, wie das läuft.» Ein weiterer äußerte am Morgen seine Enttäuschung über die Krawalle: «Kaum hat unser friedlicher Protest begonnen, ist auch schon alles kaputt.»

Den 15 Festgenommenen wird Brandstiftung, schwerer Landfriedensbruch und Widerstand vorgeworfen. Die Polizei setzte insgesamt rund 350 Aktivisten fest, um ihre Personalien festzustellen. Von einem Kessel wollte die Polizei aber nicht sprechen.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sieht in den Ausschreitungen eine neue Dimension der Gewalt. Auch viele Politiker kritisierten das Verhalten der Demonstranten. Bei einer vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) veranstalteten Demonstration mit rund 1000 Teilnehmern sagte der Frankfurter DGB-Vorsitzende Harald Fiedler: «Das ist total kontraproduktiv, wenn Randale gemacht wird und Polizisten angegriffen werden.»

Zur Feier in der EZB mit 100 geladenen Gästen waren ausschließlich Journalisten von Nachrichtenagenturen und dem Hessischen Rundfunk zugelassen. Sie wurden mit Polizeibegleitung in einem Bus über die gesperrte Autobahn zu der Veranstaltung gebracht.

In seiner Rede ging EZB-Präsident Mario Draghi auch auf die Demonstranten und die vielen unzufriedenen Menschen im Euroraum ein, die in den vergangenen Krisenjahren Einkommen und Wohlstand verloren hätten. Als eine Institution der Europäischen Union, die eine zentrale Rolle in der Krise gespielt hat, sei die EZB in den Fokus der Frustrierten geraten, sagte Draghi. «Möglicherweise ist dieser Vorwurf nicht fair. Denn unser Handeln zielte genau darauf ab, die wirtschaftlichen Schocks abzufedern.»

dpa