Audi TT Roadster: Sonniger Streber

Innerhalb von zehn Sekunden fährt das Verdeck ein - und die Open-Air-Fahrt kann beginnen. Foto: Audi
Innerhalb von zehn Sekunden fährt das Verdeck ein - und die Open-Air-Fahrt kann beginnen. Foto: Audi

Ein ordentlicher Sportwagen hat gefälligst offen zu sein. Das wissen auch die Audi-Designer und haben schon den allerersten TT Anfang der Neunziger als Roadster gezeichnet. Zwar stand dann zuerst nur das Coupé bei den Händlern. Doch schon wenig später haben sie nachgezogen und damit offenbar den Geschmack getroffen. Denn seitdem wird jeder vierte TT oben ohne verkauft. Deshalb lassen die Bayern sich bei der dritten Generation ihres kompakten Sportlers nicht lange bitten. Sie reichen Ende März zu Preisen ab 37 900 Euro wieder eine offene Variante nach.

2700 Euro für eine Stoffmütze

Für einen Aufpreis von 2700 Euro tauscht der TT sein Blechdach gegen eine stramme Stoffmütze. Die faltet sich auf Knopfdruck binnen zehn Sekunden nach hinten und gibt den Blick frei auf eine Sonnenterrasse, die modern und mondän zugleich ist. Modern, weil Audi den TT radikal entrümpelt hat. Die meisten Schalter wurden ausgemustert, und alle Informationen sind jetzt in einem großen, digitalen Display gebündelt. Das strahlt so hell, dass es selbst in der prallen Sonne perfekt abzulesen ist.

Und mondän, weil der TT seine beiden Insassen mit viel Komfort umgarnt. Wer fröstelt, schaltet einfach die Sitz- und Nackenheizung an. Es zieht? Dann surren erst die Scheiben und danach das Windschott hoch. Landschaft und der Mitfahrer sind nicht genug Unterhaltung? Dann holt der eingebaute WLAN-Hotspot die ganze digitale Welt samt Internet-Radio und Musikstreaming ins Auto. Sogar die bislang nur in der Oberklasse verfügbaren LED-Matrix-Scheinwerfer mit ihrer intelligenten Lichtverteilung sowie die aus dem A8 bekannten LED-Blinker mit Wischoptik haben die TT-Macher übernommen.

Die ursprüngliche Reise im Komfort erstickt

Der wohlig warme Lufthauch im Nacken, die leistungsstarke Sitzheizung, das elektrische ausfahrbare Windschott und bei geschlossenen Fenstern eine überraschende Ruhe im Luftraum, dazu das Infotainment einer Business-Class-Limousine, ein optimal isoliertes Verdeck für schlechtes Wetter, eine mühelose Mechanik und ein mit 280 Litern nahezu alltagstauglicher Kofferraum - im Grunde ist der TT ein perfekter Roadster, an dem es nichts auszusetzen gibt.

Aber genau darin liegt das Problem: Bis zum Stehkragen ausgestattet, wird der Sportwagen nicht nur ungehörig teuer. Er springt locker über die 50 000 Euro-Marke. Er verliert aber auch den Reiz des Rauen, Rohen, Ungehobelten, der einem Roadster früher einmal zu eigen war. Ein bisschen weniger Perfektion und dafür etwas mehr Purismus - dann wäre der TT mehr als eine rasende Sonnenbank für die Schickeria.

Jede Kurve ist ein Genuss

Das Zeug dazu hätte der TT Roadster allemal: Mit seinem zurechtgestutzten Format, dem längeren Radstand und der breiteren Spur ist er beim Cruisen hinreichend gemütlich und bei der flotten Landpartie gierig genug, dass man gerne etwas schneller fährt. Die Lenkung präzise, das Getriebe kurz und knackig gestuft und die Fahrdynamik-Regelung auf maximale Kurvengeschwindigkeiten ausgelegt - so kann man es kaum erwarten, bis die Gerade zu Ende ist und die geschlängelte Strecke beginnt.

Dabei ist schon der vorläufige Basis-Motor eine gute Wahl. Zwar mag der 135 kW/184 PS starke Diesel sparsamer sein (Normverbrauch 4,3 Liter, CO2-Ausstoß 114 g/km) und der 228 kW/310 PS starke Turbo im TTS macht natürlich noch mehr Laune. Doch wenn 169 kW/230 PS und 370 Newtonmeter auf 1,4 Tonnen treffen, dann hat der 2,0-Liter-Motor leichtes Spiel und der Spaß keine Grenzen: Von 0 auf 100 km/h in 6,1 Sekunden und mühelos 250 km/h - mehr Motor braucht im TT kein Mensch. Und zumindest im Normzyklus ist der Vierzylinder selbst mit der Doppelkupplung mit gewissensschonenden 6,7 Litern zufrieden und kommt so auf einen CO2-Ausstoß von 154 g/km.

Fazit: Zu gut, um wirklich gut zu sein

Moderner als ein BMW Z4, agiler als ein Mercedes SLK und nicht ganz so teuer wie ein Porsche Boxster - damit ist der neue TT Roadster aktuell vielleicht das beste Open-Air-Modell in seiner Klasse und ideal für das Schaulaufen auf den Prachtstraßen der Republik. Natürlich kann man mit ihm auch leidenschaftlich über Land fahren. Dennoch fehlt ihm das Gewisse etwas: Er ist schlicht zu gut, um wirklich gut zu sein.

dpa