VW-Aufsichtsrat Pech geht auf Distanz zu Winterkorn

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Volkswagen AG, Ferdinand Piech (r), und Und Konzernchef Martin Winterkorn (l). Foto: Jochen Lübke/Archiv
Der Aufsichtsratsvorsitzende der Volkswagen AG, Ferdinand Piech (r), und Und Konzernchef Martin Winterkorn (l). Foto: Jochen Lübke/Archiv

Helle Aufregung bei Volkswagen: Laut «Spiegel» scheint das Tischtuch zwischen VW-Aufsichtsratschef Piëch und VW-Vorstandsboss Winterkorn zerschnitten. Damit stünde eine Führungskrise im Raum und Winterkorns Zukunft bei VW wäre fraglich. Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piëch rückt laut einem «Spiegel»-Bericht völlig überraschend ab von Konzernchef Martin Winterkorn. «Ich bin auf Distanz zu Winterkorn», sagte der Aufsichts-ratsvorsitzende Piëch dem «Spiegel», wie das am Samstag erscheinende Nachrichtenmagazin online berichtete. Ein Konzernsprecher wollte sich zu dem Thema nicht äußern.

Die «Spiegel»-Darstellung kommt einem Erdbeben im VW-Reich gleich. Piëch hatte die Konzernspitze vor Winterkorn selber geführt, zu dem er jahrzehntelang ein großes Vertrauensverhältnis besaß. Die Familien Porsche und Piëch besitzen die Stimmenmehrheit bei Volkswagen. Piëch gilt als VW-Machtzentrum. Ohne ihn fällt keine zentrale Entscheidung.

Das Tandem Winterkorn/Piëch galt auch als der Weichensteller für die mittelfristige Zukunft. Winterkorns Vertrag läuft Ende nächsten Jahres aus, dann geht er auf die 70 zu. Piëch wird Ende April 78.

Konzerninsider berichteten zuletzt stets übereinstimmend, dass Winterkorn Piëch an der Spitze des Kontrollgremiums ablösen dürfte. Nur der Zeitpunkt schien unklar. So ließ es auch Winterkorn zuletzt in mehreren Interviews offen, ob für ihn eine Vertragsverlängerung infrage komme. Vor diesem Hintergrund hat nun ein weiterer Satz von Piëch Gewicht. Dem «Spiegel» sagte er: «Ich strebe an, dass an die Spitze des Aufsichtsrats und des Vorstands die Richtigen kommen.»

In Verbindung mit der Aussage über die Distanz zu Winterkorn wirbelt das die Perspektiven für die Führungsspitzen des größten Konzerns hierzulande durcheinander. Der «Spiegel» schreibt, dass die Entscheidung, wer Volkswagen in Zukunft lenkt, erst 2017 falle; und zwar «kurz vor meinem Ausscheiden», wie Piëch sagte. Die Kandidaten dafür seien bereits im Unternehmen. In Vorstand und Aufsichtsrat müssten jeweils Techniker die Führung bekleiden, das sei gesetzt.

Der «Spiegel» führt für die Verstimmung auch die großen strategischen Probleme an, vor denen Volkswagen seit Jahren steht. Die Gewinnkraft der Kernmarke VW-Pkw hinkt der Konkurrenz beständig hinterher. Daher greift seit vergangene Sommer ein milliardenschweres Sparprogramm. In den USA fehlen die richtigen Modelle, so dass VW seit Jahren in einem wachsenden Markt - dem zweitgrößten der Welt - Anteile verliert. Und das schon vor Jahren angekündigte Budget-Car, mit dem der Konzern in die jungen Schwellenländer vorstoßen will, ist noch immer nicht da.

In Summe sind diese Probleme ärgerlich - sie werden aber verdeckt durch den insgesamt seit Jahren laufenden Rekordkurs des Konzerns, der sich mit großem Tempo bei Absatz, Umsatz und Gewinn verbessert. Der Rivale General Motors (GM) ist bereits überholt. Nun gilt es nur noch den Weltmarktführer Toyota aus Japan einzuholen.

dpa