VW-Führung steht nach Piech-Kritik vor schwieriger Zeit

Schwierige Zusammenarbeit: Ferdinand Piech und Martin Winterkorn. Foto: Julian Stratenschulte
Schwierige Zusammenarbeit: Ferdinand Piech und Martin Winterkorn. Foto: Julian Stratenschulte

600 000 Mitarbeiter, mehr als 200 Milliarden Euro Jahresumsatz - und zwei zentrale Führungsfiguren: Die Geschicke bei Volkswagen lenkt seit Jahren das Duo Piëch und Winterkorn. Doch das Vertrauen zwischen dem Auf-sichtsratschef und seinem Vorstandschef ist erschüttert. Dem Volkswagen-Konzern stehen unruhige Wochen ins Haus. Nachdem VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch selbst für Insider völlig überraschend von Vorstandschef Martin Winterkorn abgerückt ist, steuert das Unternehmen mitten in eine Führungskrise.

«Ich bin auf Distanz zu Winterkorn», sagte Piëch dem Nachrichtenmagazin «Spiegel», das heute erscheint und von dem Paukenschlag vorab am Freitag berichtete. Damit bahnt sich ein Machtkampf an in der Führungsspitze des Konzerns mit fast 600 000 Mitarbeitern weltweit, davon fast die Hälfte in Deutschland. Der einflussreiche VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh stellte sich zwar demonstrativ hinter den 67-jährigen Winterkorn. Auch Stephan Grühsem, Chef der Kommunikationsabteilung, meldete sich persönlich zu Wort. Winterkorn habe Volkswagen in den vergangenen acht Jahren zu einem der «weltweit erfolgreichsten Automobilkonzerne» gemacht, erklärte Grühsem. Auch aus Kreisen des oberen VW-Managements verlautete am Wochenende: «Die Erfolgsgeschichte mit Herrn Winterkorn wird fortgeschrieben werden.» VW-Aufsichtsrat und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) stärkte Winterkorn ebenfalls den Rücken. «Ich bin unangenehm überrascht über die zitierten Aussagen von Herrn Professor Piëch», sagte Weil der Deutschen Presse-Agentur.

Die «Spiegel»-Darstellung kommt dennoch einem Erdbeben bei Volkswagen gleich. Piëch hatte die Konzernspitze vor Winterkorn selber geführt, zu dem er jahrzehntelang ein großes Vertrauensverhältnis besaß. Die Familien Porsche und Piëch haben die Stimmenmehrheit bei Volkswagen. Ohne Piëch, das ist Konsens, fällt keine zentrale Entscheidung bei VW.

Der «Spiegel» führt für die Verstimmung zwischen Winterkorn und Piëch auch die großen strategischen Probleme an, vor denen Volkswagen allem Erfolg zum Trotz seit Jahren steht. Die Gewinnkraft der Kernmarke VW-Pkw hinkt der Konkurrenz beständig hinterher. Daher greift seit vergangenen Sommer ein milliardenschwerer Sparplan. Im Juli gibt Winterkorn das Amt als VW-Markenchef, das er in Personalunion mit dem Konzernvorstand führt, an den früheren BMW-Entwicklungsvorstand Herbert Diess ab.

In den USA fehlen zudem die richtigen Modelle, so dass VW seit Jahren in einem wachsenden Markt - dem nach China zweitgrößten der Welt - Anteile verliert. Und das schon vor Jahren angekündigte Budget-Car, mit dem der Konzern in die jungen Schwellenländer vorstoßen will, ist noch immer nicht da. In Summe werden diese Probleme verdeckt durch den insgesamt seit Jahren laufenden Rekordkurs des Konzerns, der sich mit großem Tempo bei Absatz, Umsatz und Gewinn verbessert. Der Rivale General Motors (GM) ist schon überholt. Nur noch Toyota liegt vorne.

Winterkorns Vertrag läuft Ende nächsten Jahres aus, dann geht er auf die 70 zu. Piëch wird noch diesen April 78 Jahre alt. Konzerninsider berichteten zuletzt übereinstimmend, dass Winterkorn Piëch im Kontrollgremium ablösen dürfte. Nur der Zeitpunkt schien unklar. So ließ es auch Winterkorn zuletzt offen, ob für ihn eine Vertragsverlängerung infrage komme.

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte am Freitag: «Wir haben eine klare Haltung, an der sich nichts geändert hat: Wir haben mit Dr. Winterkorn den erfolgreichsten Automobilmanager an Bord», sagte Osterloh, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, der dpa. «Gemeinsam mit ihm haben wir seit 2007 eine beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben.» Ginge es nach dem Betriebsrat, werde Winterkorns Vertrag über 2016 hinaus verlängert. Mit dem Betriebsrat werde es keine weiteren Debatten über Personen und Funktionen geben.

dpa