Herausforderung für Hersteller: Bedürfnisse älterer Fahrer

Mobil im Alter: Autohersteller entwickeln zwar keine Autos für ältere Menschen, stellen sich aber zunehmend auf deren Bedürfnisse ein. Foto: Mascha Brichta
Mobil im Alter: Autohersteller entwickeln zwar keine Autos für ältere Menschen, stellen sich aber zunehmend auf deren Bedürfnisse ein. Foto: Mascha Brichta

Deutsche Autokäufer sind mittlerweile über 50 Jahre alt - Tendenz steigend. Seniorenautos wollen trotzdem die wenigsten fahren, doch die Hersteller versuchen inzwischen zunehmend die Bedürfnisse der älteren Klientel zu berücksichtigen. Jung, dynamisch und erfolgreich. So wünschen sich Autohersteller ihre Zielgruppe. Doch in Wahrheit liegt das Durchschnittsalter der Privatkäufer von Neuwagen in Deutschland bei 52 Jahren - Tendenz steigend.

Vor zehn Jahren lag es noch bei 49 vor 20 Jahren bei 46, wie das CAR-Institut der Uni Duisburg-Essen herausgefunden hat. Die Autohersteller stellen sich darauf ein. So erklärt Günther Fischhaber, Innovationsmanagement Produkt bei Audi: «Den Trend haben wir bereits 2005 aufgegriffen und das Projekt 'G plus' ins Leben gerufen.» Ergonomen, Designer, Psychologen, Sportwissenschaftler sowie Verkehrs- und Unfallforscher analysieren seitdem die Ansprüche älterer Autofahrer. «Wir entwickeln aber bewusst kein Auto speziell für diese Zielgruppe. Denn der Kunde will kein 'old-age-Produkt'». Das Alter alleine macht beim Kaufverhalten ohnehin keinen Unterschied, erklärt Frank Ruff, Leiter Gesellschaft und Technik im Daimler-Konzern. «Die Lebensstile älterer Kunden werden individueller und vielfältiger. Damit verlieren Altersunterschiede an Bedeutung», sagt er. Außerdem würden die Autofahrer global gesehen zugleich älter und jünger, «weil der demografische Wandel regional sehr unterschiedlich ist», wie Ruff sagt. In den USA gebe es zum Beispiel viele ältere Menschen, bei zugleich wachsendem Anteil Jüngerer. Märkte wie China sind primär durch junge Menschen geprägt.

«Wir suchen nach Lösungen, die für alle Kunden passen. Wir entwickeln die Bedienkonzepte und Komforteinstellungen unserer Fahrzeuge nach dem Motto: Was für ältere Menschen gut ist, kann für jüngere nicht schlecht sein», sagt Helge Neuner, Leiter der Abteilung Fahrerarbeitsplatz in der Volkswagen-Konzernforschung. Die Leistungsfähigkeit des Menschen stehe im Vordergrund.

Beispiel Sehkraft: Die Zahlen auf dem Tacho können durchaus so groß sein, dass Menschen mit Sehschwäche sie mühelos erkennen können. Doch natürlich profitieren alle Autofahrer von gut ablesbaren Instrumenten. Ähnliches gilt für ergonomische Sitze: Sie lindern Rückenschmerzen und erhöhen die Aufmerksamkeit des Fahrers. Assistenzsysteme kommen ebenfalls allen Fahrern entgegen, sowohl als komfort- als auch als sicherheitssteigernde Maßnahme.

Damit jüngere Ingenieure sich in ältere Fahrer hineinversetzen können, entwickelte Ford 1994 einen Alterssimulationsanzug. Der simuliert altersbedingte Einschränkungen, wie Eintrübung der Augen, Einengung des Sichtfeldes, Schwerhörigkeit, Einschränkung der Beweglichkeit oder des Koordinationsvermögens. Ein Tremor-Generator lässt sogar die Hand wie bei einer Parkinson-Erkrankung zittern.

«Die Benutzer sind zuerst über den raschen körperlichen Verfall und das Ausmaß schockiert», sagt Angela Sitter, Betriebsärztin und medizinische Beraterin im europäischen Ford Forschungszentrum in Aachen. Schnell passen die Probanden ihr Verhalten jedoch an die Einschränkungen an. «Die meisten steigen mit dem Anzug beispielsweise nicht zuerst mit dem rechten Fuß ins Auto ein, sondern setzen sich zuerst hin - und ziehen dann die Beine nach», erklärt Sitter.

Ford ist nicht der einzige Hersteller, der auf den Anzug setzt. Auch andere Firmen wie BMW und Volkswagen nutzen ihn - auch für die Optimierung der Arbeitsplätze. Nicht nur im Sinne der älteren Semester, sondern auch für jüngere Kollegen.

dpa