Rechtsstreit um "Tagesschau"-App steht vor Entscheidung

Nun hat sich der Bundesgerichtshof auf die schwierige Suche nach Grenzlinien zwischen Rundfunk und Presse begeben. Foto: Rolf Vennenbernd/Archiv
Nun hat sich der Bundesgerichtshof auf die schwierige Suche nach Grenzlinien zwischen Rundfunk und Presse begeben. Foto: Rolf Vennenbernd/Archiv

Der Konflikt zwischen Verlagen und ARD-Sendern wirft ein Schlaglicht auf die Zukunft der Medien. In einer Gratwanderung zwischen Rundfunk- und Pressefreiheit hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag über den Rechtsstreit um die «Tagesschau»-App verhandelt.

Die klagenden Zeitungsverlage sehen in diesem Angebot für Handys und Tablet-Computer ein presseähnliches Produkt - was ein Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag wäre. Die öffentlich-rechtlichen Sender betrachten die App hingegen als ergänzenden technischen Verbreitungsweg für die Inhalte ihres Online-Angebots tagesschau.de.

Das Landgericht Köln war im September 2012 der Klage der Zeitungsverlage gefolgt, unter ihnen die FAZ und der Springer-Verlag. Das Oberlandesgericht Köln hat die Klage aber im Dezember 2013 abgewiesen. Die Zeitungsverlage legten daraufhin Revision beim BGH ein, der nun in höchster Instanz entscheiden muss.

Als Anwalt der Zeitungsverlage sagte Axel Rinkler, das Angebot der «Tagesschau»-App werde in weiten Teilen von «reiner Textberichterstattung» geprägt. Wenn dies zulässig sei, würde das Verbot presseähnlicher Angebote im Rundfunkstaatsvertrag ins Leere laufen.

Die Zeitungsverlage hätten kaum die Möglichkeit, eigene kostenpflichtige Apps zu entwickeln, «solange die öffentlich-rechtlichen Sender kostenlose Angebote bereitstellen, die bereits gebührenfinanziert sind». Deswegen werfen die Verlage den Sendern unlauteren Wettbewerb vor.

«Presseähnlich heißt nicht Text», erwiderte Anwalt Thomas von Plehwe für die ARD-Sender. Text und Bild, Audio und Video müssten im Gesamtangebot der App betrachtet werden. «Das Ganze ist in einer stetigen Entwicklung - wie will ich da eine Abwägung treffen, dass einzelne Beiträge als presseähnlich eingestuft werden?» Von Plehwe betonte, dass die Grundlage für die «Tagesschau»-App, das Telemedienkonzept für das Online-Angebot tagesschau.de, 2010 vom Rundfunkrat beschlossen und von der niedersächsischen Staatskanzlei freigegeben worden sei.

Bei der Urteilsfindung sei die Gesamtheit der nicht sendungsbezogenen Inhalte der «Tagesschau»-App für den Smartphone- und Tablet-Gebrauch im Vergleich zu Presseangeboten in den Blick zu nehmen, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher. «Charakteristisch für presseähnliche Angebote sind Texte und stehende Bilder.» Eine Entscheidung wurde für den Nachmittag erwartet; möglicherweise wird aber zunächst nur ein Termin für eine spätere Urteilsverkündung mitgeteilt.

dpa