Volvo XC90: Schöner Wohnen auf Schwedisch

Volvo wagt mit dem XC90 einen Neuanfang. Den Wagen kann man als SUV einer neuen Art bezeichnen. Foto: Volvo
Volvo wagt mit dem XC90 einen Neuanfang. Den Wagen kann man als SUV einer neuen Art bezeichnen. Foto: Volvo

Volvo erfindet sich neu: Als erstes Modell einer großangelegten Produktoffensive bringen die Schweden den XC90 an den Start. Der neue König der Wikinger hat nicht nur weniger Zylinder, sondern auch weniger Knöpfe als die Konkurrenz und das wohnlichere Ambiente. Die Wikinger bekommen einen neuen König: Über zehn Jahre nach dem Start rollt der Volvo XC90 von der Bühne und macht Platz für seinen Nachfolger. Der trägt zwar den gleichen Namen.

Doch wenn der Geländewagen im Juni zu Preisen ab zunächst 53 400 Euro in den Handel kommt, ist nichts mehr, wie es war.


Innen radikal entrümpelt

Das merkt man vor allem im Innenraum. Der ist geprägt von einem nordisch-kühlen Luxus und einer luftigen Ordnung, wie man sie bislang bei keinem anderen SUV findet: Wo bei der Konkurrenz noch der Krieg der Knöpfe tobt, hat Volvo das Cockpit radikal entrümpelt und fast alle Funktionen auf dem riesigen Touchscreen gebündelt, das man intuitiv bedient wie ein Tablet.

Natürlich gibt es im Lenkrad noch ein paar Knöpfe und in den Türtafeln die üblichen Taster für die Fenster. Doch zumindest in der Mittelkonsole sind ganze acht Schalter übrig geblieben. Entsprechend leicht und aufgeräumt wirkt die Armaturentafel und unterstreicht so den einladenden Eindruck, den der Volvo schon beim Einsteigen macht: Fährst Du noch, oder wohnst Du schon?

Viel Platz auf fast allen Plätzen

Das Wohlfühlambiente fußt nicht allein auf dem innovativen Bedienkonzept, sondern auch auf dem üppigen Platzangebot: Weil der Radstand knapp drei Meter misst und die Sitze trotz ihrer ausgesprochen bequemen Polster ungewöhnlich dünn sind, bietet der 4,95 Meter lange Geländewagen in den ersten beiden Reihen reichlich Kniefreiheit. Im Kofferraum ist so viel Platz, dass man dort für 1500 Euro Aufpreis noch eine dritte Bank mit zwei leidlich bequemen Notsitzen ausklappen kann.

Außerdem glänzt der XC90 mit einer meistens sehr vornehmen, auf jeden Fall aber ungewöhnlichen Materialauswahl. Zwar zeugen ein paar weniger feine Kunststoffelemente von einem gewissen Sparzwang. Doch der Schlüssel ist ein Handschmeichler mit Lederbesatz, die wenigen Schalter auf dem Mitteltunnel sind geschliffen wie Kristallgläser und beim Top-Modell ist sogar der Schaltknauf mit von innen beleuchtetem Glas besetzt. So was bietet in dieser Klasse sonst keiner.

Abrüstung beim Antrieb

Auch unter der Haube brechen die Schweden mit allen Trends: Sie verweigern sich dem Wettrüsten und bauen konsequent nur noch kleine Motoren ein. Vier Zylinder und zwei Liter Hubraum müssen reichen - zumal sie dank entsprechender Aufladung aus dem Diesel bis zu 165 kW/225 PS und aus dem Benziner maximal 236 kW/320 PS holen.

Wer partout nicht auf V8-Power verzichten mag, den will Volvo mit einem zusammen 294 kW/400 PS starken Plug-In-Hybriden locken. Schließlich beschleunigt der mit zusammen 640 Newtonmeter in bestenfalls 5,9 Sekunden von 0 auf 100, kommt aber auf gut 40 Kilometer elektrische Reichweite und einen Normverbrauch von 2,5 Litern (CO2-Ausstoß 59 g/km).

Der Diesel ist die erste Wahl

Bei Preisen ab 76 705 Euro ist der sportliche Sparmotor allerdings ein teures Vergnügen und hat bei uns gegen den Diesel keine Chance. Zumal dieser D5-Motor von allen drei Start-Triebwerken ohnehin die beste Figur macht. Er geht mit bis zu 470 Newtonmeter zu Werke, hat anders als die Benziner einen vernünftigen Klang und steht tapfer den Spagat zwischen Sportlichkeit und Sparsamkeit. Denn einem Sprintwert von 7,8 Sekunden und einem Spitzentempo von 220 km/h stehen ein Verbrauch von 5,7 Litern und ein CO2-Ausstoß von 149 g/km gegenüber.

Das Innenleben ist revolutionär und beim Antrieb predigen die Ingenieure die Abrüstung - nur an einem Punkt bleibt Volvo den alten Idealen treu: Sicherheit ist den Schweden das höchste Gut. Nicht umsonst haben sie 1959 als erste den Gurt eingeführt und das beim XC90 sogar auf die Schnappverschlüsse graviert. Ihr neues Flaggschiff hat mehr Assistenten denn je. Es bremst bei Tag und bei Nacht automatisch für Fußgänger, Radfahrer und erstmals auch für den Gegenverkehr. Es parkt alleine ein, hält Spur und Abstand, zeigt den Wagen beim Rangieren aus der Vogelperspektive und schützt, wenn ein Alleinunfall durch das Abkommen von der Fahrbahn droht.

Fazit: Der Erste einer neuen Art

SUV gibt es mittlerweile wie Sand am Meer und selbst in der Oberklasse ist die Auswahl kaum mehr zu überschauen. Vor allem eine vergleichsweise kleine Marke tut sich da schwer gegen Platzhirsche wie den BMW X5 oder die Mercedes M-Klasse. Doch Volvo hat aus der Not eine Tugend gemacht und einen anderen Weg eingeschlagen. Als erstes SUV einer neuen Art definiert sich der XC90 über andere Werte und wird deshalb unverwechselbar. Fragt sich nur, ob die Kunden schon bereit sind, mit den Schweden diesen Schritt in die Zukunft zu wagen.

dpa