Lokführer wollen zum neunten Mal streiken

Kernpunkt des Konflikts: Die GDL verlangt für ihre Mitglieder eigene Tarifverträge. Foto: Rolf Vennenbernd/Archiv
Kernpunkt des Konflikts: Die GDL verlangt für ihre Mitglieder eigene Tarifverträge. Foto: Rolf Vennenbernd/Archiv

Die Atempause für die Bahnkunden war nur kurz. Schon wieder steht ein Notverkehr auf den Schienen bevor, weil die Lokführer streiken. Auch die Pfingsturlauber könnten die Leidtragenden sein. Bahnreisende müssen sich in den nächsten Tagen wieder auf zahlreiche Zugausfälle einstellen. Ein neuer Streik soll noch länger als beim letzten Mal Anfang Mai dauern. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur von einer mit den Planungen vertrauten Person.

Damit könnten diesmal alle betroffen sein, die über die Feiertage an Pfingsten Verwandte und Freunde mit der Bahn besuchen wollen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, wollte noch darüber informieren, wann der Streik beginnt und wie lange er dauert. Erst am 10. Mai war ein fast sechstägiger Ausstand im Personenverkehr zu Ende gegangen. Es war der bisher längste Streik in der 21-jährigen Geschichte der Deutschen Bahn AG.

Ein unbefristeter Streik als letzte Eskalationsstufe sei aktuell nicht vorgesehen, hieß es aus den Kreisen. Es ist die neunte Arbeitsniederlegung im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn seit Anfang September.

Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber verlangte einen Streikverzicht. Nur eine Schlichtung über alle strittigen Fragen könne jetzt noch weiterhelfen. «Das ist das einzig Vernünftige», sagte er.

Der Versuch einer Annäherung beider Seiten war am Wochenende gescheitert. Vertrauliche Gespräche wurden am Samstagabend beendet und nicht wie geplant am Sonntag fortgesetzt. Die Tarifparteien wiesen sich dafür gegenseitig die Schuld zu.

Die Verantwortung trage die Bahn, die in den Gesprächen bewiesen habe, dass in den Verhandlungen keinerlei Ergebnisse erzielt werden sollten, erklärte die GDL. Vielmehr solle der Tarifabschluss bis zum Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes verschleppt werden.

Das wird voraussichtlich Anfang Juli geschehen. Dem Gesetzentwurf zufolge soll künftig in einem Betrieb nur noch der Tarifvertrag der jeweils größeren Gewerkschaft gelten. Streiks einer kleineren Gewerkschaft wie der GDL für einen eigenen Abschluss wären dann möglicherweise nicht verhältnismäßig und illegal. Weber sagte, die GDL sei ein wichtiger Partner, «daran wird auch ein Gesetz nichts ändern».

Ein Hauptstreitpunkt war zuletzt ein eigenständiges GDL-Tarifwerk für die rund 3000 Lokrangierführer bei der Bahn. Das Unternehmen habe am Wochenende angeboten, diese Berufsgruppe tariflich wie Lokführer einzugruppieren, sagte der Bahnmanager. Die Lokrangierführer würden somit bei Abschluss des Vertrages «sofort und unmittelbar wie Bereitstellungslokführer und Streckenlokomotivführer bezahlt», sagte Weber. Die Kernforderung der GDL sei damit erfüllt worden. Die GDL habe auch von einer «intelligenten, juristisch machbaren Lösung gesprochen», den Vorschlag aber dennoch abgelehnt.

Die Bahn will unterschiedliche Tarifverträge für ein und dieselbe Berufsgruppe vermeiden. Die GDL strebt zunächst eine Einigung über die künftige Tarifstruktur an und will erst danach in einer Schlichtung über Geld, Arbeitszeit und Überstundenbegrenzung sprechen.

Vor der Streikankündigung hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt die GDL aufgerufen, einem Schlichtungsverfahren zuzustimmen. «Mir fehlt das Verständnis dafür, wenn man sich nach monatelanger Tarifauseinandersetzung einer Schlichtung verweigert», sagte der CSU-Politiker der «Bild»-Zeitung (Montag). «Verantwortungsvolle Tarifpartnerschaft verpflichtet auch zur Suche nach Kompromissen, das kann nur am Verhandlungstisch geschehen.»

Unabhängig vom Streit mit der GDL will die Bahn «versuchen, am Donnerstag mit der EVG zu einem Abschluss zu kommen», wie Weber sagte. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) dringt auf einen Tarifabschluss für ihre rund 100 000 Mitglieder bei der Bahn an diesem Tag. Für den Fall einer Nichteinigung hat sie ebenfalls mit Streik gedroht. Sie fordert sechs Prozent Einkommenszuwachs, mindestens jedoch 150 Euro pro Monat.

dpa