Streikfreie Tage bei der Bahn

Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber und Regina Rusch-Ziemba von der EVG: Die Tarifverhandlungen verlaufen offenbar konstruktiver als die mit der GDL. Foto: Lukas Schulze
Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber und Regina Rusch-Ziemba von der EVG: Die Tarifverhandlungen verlaufen offenbar konstruktiver als die mit der GDL. Foto: Lukas Schulze

Bahnkunden können hoffen: Die Gewerkschaft EVG und der Konzern nähern sich an. Und nach dem Abbruch des Streiks der kleineren Lokführergewerkschaft GDL normalisiert sich der Bahn-Verkehr zum Pfingstwochenende allmählich. Doch es gibt noch genug Zündstoff. Millionen Menschen können über Pfingsten ohne Angst vor weiteren Streiks bei der Bahn verreisen.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) schloss Warnstreiks für die nächsten Tage aus, obwohl die zwölfte Verhandlungsrunde mit der Deutschen Bahn keinen Abschluss brachte.

Unterdessen läuft nach dem Abbruch des Lokführer-Streiks der kleineren Gewerkschaft GDL der Regional- und S-Bahn-Verkehr nach Bahn-Angaben in vielen Bundesländern fast wieder normal. Im Fernverkehr sei wegen der komplexeren Einsatzplanung von Personal und Zügen eine Rückkehr zum Normalfahrplan erst an diesem Samstag möglich, teilte der Konzern am Freitag in Berlin mit.

EVG und Bahn hatten ihre Gespräche nach stundenlangen Verhandlungen am frühen Freitagmorgen in Berlin auf Mittwoch nächster Woche (27. Mai) vertagt, wie Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber sagte. Es seien Fortschritte erzielt worden. Aber: «Wir haben um halb fünf festgestellt, dass wir Zeit zum Luftholen benötigen und doch noch viele, auch schwierige Fragen anstehen.»

EVG-Chef Alexander Kirchner sieht Chancen auf eine Einigung in der kommenden Woche. Beide Seiten lägen in dem Tarifkonflikt «nicht mehr so weit» auseinander, sagte er im ARD-«Morgenmagazin». Er hoffe, dass bis zur nächsten Verhandlungsrunde ein akzeptables Angebot vorliege.

Die Kernforderung seien sechs Prozent mehr Geld und 150 Euro als «soziale Komponente» sowie eine begrenzte Laufzeit, sagte der EVG-Chef. Diese Punkte hätten bisher nicht geklärt werden können.

EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba sagte, wenn man am Mittwoch nicht erfolgreich sei, «gibt es immer noch die Möglichkeit, Warnstreiks zu machen.»

Parallel läuft bei der Bahn der Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL, für den ebenfalls am Mittwoch eine Schlichtung beginnen soll. Das GDL-Verfahren spiele in den Verhandlungen zwischen EVG und Bahn erst einmal keine Rolle, sagte Kirchner. «Da nehmen wir jetzt auch keine Rücksicht auf die Schlichtung.»

Es müsse aber Tarifeinheit bestehen und dürfe nicht zur Spaltung der Belegschaft kommen, betonte der EVG-Chef. Das Tarifeinheitsgesetz, über das der Bundestag am Freitag abstimmen wollte, werde in diesem Zusammenhang zu hoch bewertet. «Unterm Strich wird es den aktuellen Konflikt, glaube ich, nicht lösen», sagte Kirchner.

Der Streik der Lokführer, für den die GDL zunächst kein Ende genannt hatte, war am Donnerstag abgebrochen worden, nachdem sich die Bahn und die Gewerkschaft auf eine Schlichtung ab kommender Woche geeinigt hatten.

Der Zugverkehr normalisierte sich in vielen Bundesländern. Im Regionalverkehr könne es am Freitag in Bayern, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern noch zu Einschränkungen kommen, erklärte die Bahn.

Der von der GDL berufene Schlichter Bodo Ramelow (Linke) will ein mögliches Aufflammen weiterer Streiks unbedingt vermeiden. «Mir ist wichtig, dass es keine neuen Streiks gibt», betonte der thüringische Ministerpräsident in der «Bild»-Zeitung (Freitag).

Der Politiker soll zusammen mit einem vom Bahn-Management vorgeschlagenen zweiten Schlichter - Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) - in dem festgefahrenen Tarifkonflikt vermitteln.

Die Chancen auf eine Lösung in den Gesprächen schätzt Ramelow als hoch ein. «Eine Erfolgsgarantie gibt es natürlich nie. Aber die Aussichten sind gut», sagte er der «Passauer Neuen Presse» (Freitag). Drei Wochen sind für die Beratungen angesetzt, in dieser Zeit sind GDL-Streiks wegen der Friedenspflicht ausgeschlossen.

Mit Blick auf das Tarifeinheitsgesetz, das den Einfluss kleinerer Gewerkschaften einschränken dürfte, bekräftigte Ramelow seine Kritik: «Man kann Gewerkschaften nicht die freien Verhandlungen verbieten.»

dpa