Tiefe Verbeugung vor dem Genie Elliott Smith

Seth Avett & Jessica Lea Mayfield ehren Elliott Smith. Foto: Ramseur
Seth Avett & Jessica Lea Mayfield ehren Elliott Smith. Foto: Ramseur

Zwölf Jahre ist es bald her, dass der geniale, leider auch schwer depressive Songwriter Elliott Smith freiwillig aus dem Leben schied. Zwei neue Alben erinnern jetzt an das unvergessliche Oeuvre des Amerikaners - auf sehr unterschiedliche, aber jederzeit berührende Art. Wie Elliot Smith (1969-2003), allerdings an einem etwas freundlicheren Tag, klingt der Kanadier Andy Shauf in den Songs seiner Platte «The Bearer Of Bad News» (Tender Loving Empire/Cargo). 

Die helle, fragile Stimme des jungen Mannes aus der Prärie-Provinz Sasketchewan kommt der so typisch stillen, schüchternen Performance des großen Vorbildes verblüffend nahe. Allerdings hat Shauf sein Album keineswegs als schnöde Stil-Hommage konzipiert. Er hat sogar extra Klarinette gelernt, um Lieder wie den charmanten Opener «Hometown Hero» vom berühmten US-Kollegen ein Stück weit abzusetzen. Die Arrangements sind etwa im siebenminütigen «Wendell Walker» mit seinem schleppenden Rhythmus oder in «You're Out Wasting» zwar Smith-nah, aber zu devot wirkt die Verehrung nicht.

Zumal Shauf offenkundig selbst ganz gut weiß, wie man fesselnde, intensive Folk-Songs schreibt. Aus Akustikgitarren und Piano, ein paar Streicher-Tupfern und besagter Klarinette bastelt der Kanadier einen Sound, der mit feinen Melodien tief beeindruckt. Neben Elliott Smith klingen auch Sufjan Stevens (vor allem dessen neue Platte «Carrie & Lowell») und Paul Simon in diesen schönen Liedern an.

Eine echte Verbeugung - nicht nur stilistisch wie bei Shauf, sondern Lied für Lied - ist das auch entsprechend betitelte Album «Seth Avett & Jessica Lea Mayfield sing Elliott Smith» (Ramseur/Alive). Das Mitglied der US-Folkrock-Band The Avett Brothers und die junge Sängerin zollen Smiths Werk äußerst respektvoll Tribut, mit harmonieseligen Interpretationen von Songs wie «Baby Britain», «Fond Farewell» oder «Ballad Of Big Nothing».

Insgesamt zwölf Stücke, die von den meisten Elliott-Smith-Fans wohl allesamt zu seinen besten gezählt werden, hat das amerikanische Indie-Folk-Pärchen aufgenommen. Die Arrangements sind reduziert bis karg, alles hängt an den beiden Stimmen.

Und die sind wunderbar - man denkt an die famosen Duette von Gram Parsons und Emmylou Harris oder an die Zusammenarbeit von Gillian Welch und David Rawlings, wenn man diese von Selbstzweifeln und Herzeleid geprägten Folksongs hört. Eine Hommage aus dem Bilderbuch für einen der größten Singer/Songwriter der letzten 25 Jahre.

dpa