Wer kommt nach Jauch?

Günther Jauch und die ARD trennen sich. Foto: Paul Zinken
Günther Jauch und die ARD trennen sich. Foto: Paul Zinken

Jetzt geht die Personaldebatte los. Wer kann Günther Jauch beerben? Denn trotz aller Vorwürfe - «unsicher», «ahnungslos», «überfordert» - ist der Quizmaster mit Politiksendung ein Quotengarant gewesen. Deutschlands erfolgreichster Polit-Talk verschwindet von der Bildfläche. «Günther Jauch» ist ein Flaggschiff der ARD und ein Quotenmagnet nach dem Sonntagskrimi. Das Live-Format erreicht seit seinem Start im September 2011 im Schnitt um die 4,6 Millionen Zuschauer.

Als es vor zwei Jahren um die Steueraffäre des Bayern-Managers Uli Hoeneß ging, waren es sogar zwei Millionen mehr. Damit spielt der 58-Jährige in einer Liga mit dem Fußball und dem «Tatort». Die Enttäuschung über seinen Rückzug ist herauszuhören, wenn ARD-Programmdirektor Volker Herres rückblickend lobt: «Günther Jauch erreicht mehr Zuschauer als bislang alle vergleichbaren politisch-aktuellen Talkformate.» Nun geht er also zum Jahresende.

Der Korb ist kurz und höflich. «Über das Angebot der ARD zur Vertragsverlängerung habe ich mich sehr gefreut. Sowohl aus beruflichen als auch aus privaten Gründen habe ich es nicht angenommen», wird Jauch vom zuständigen NDR zitiert. Über die konkreten Gründe kann man nur spekulieren. Ging es um Geld? Wurde ihm der Stress eines Doppel-Engagements beim Ersten und bei RTL zu viel? Oder möchte sich der TV-Produzent und Weinbergbesitzer anderen Dingen zuwenden? Hat ihm die Kritik, die ihn neben den guten Quoten von Anfang an begleitet hat, am Ende doch zu schaffen gemacht?

Erst im März hatten Kritiker eine Ausgabe zur Griechenland-Krise scharf angegriffen. Damals konfrontierte Jauch den griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis mit einem Video, bei dem dieser den Mittelfinger zeigte - als abfällige Geste gegen Deutschland. Was folgte, war ein Aufschrei in deutschen Medien gegen den Politiker. Der Satiriker Jan Böhmermann war daraufhin so über Jauch empört, dass er das Gerücht streute, er selbst habe das gefälscht. Danach Böhmermanns giftiges Dementi: «Niemals würden wir die notwendige journalistische Debatte über einen zwei Jahre alten, aus dem Zusammenhang gerissenen Stinkefinger und all diejenigen, die diese Debatte ernsthaft öffentlich führen, derart skrupellos der Lächerlichkeit preisgeben.»

Zuspitzung, Provokation, Überforderung - solche Vorwürfe musste sich Jauch häufig anhören. Vor allem für die Sendung mit dem Wettermoderator Jörg Kachelmann im Oktober 2012 zog der Potsdamer Kritik auf sich. Als «unsicher» und «ahnungslos» bezeichnete ihn «Spiegel Online», als «hoffnungslos überfordert» «Focus Online».

Im April 2015 bekamen dann 4,3 Millionen Zuschauer einen verblüfften Jauch zu sehen. Ein Studiogast der Liveshow hatte überraschend eine Schweigeminute für die im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge erzwungen. Der Aktivist Harald Höppner sprang plötzlich vom Sitz auf, als Jauch ihn gerade in der ersten Reihe interviewte - und trickste den Moderator damit aus.

Dennoch ist sein Talk immer Gesprächsstoff am Montagmorgen - und sein Status als Publikumsliebling war nie ernsthaft gefährdet. Dazu trägt vermutlich ein Stück weit auch sein Bonus als onkelhafter Gastgeber beim RTL-Quiz «Wer wird Millionär?» bei. Für Jauch einen Nachfolger zu finden ist für die ARD eine knifflige Aufgabe. Hatte der Sender doch erst kürzlich mit seiner Talkshow-Landschaft aufgeräumt, was mit dem Rückzug des eher spröden Talkers Reinhold Beckmann endete.

Wer kann den starken Sendeplatz nach dem «Tatort» füllen? Da drängt sich zunächst einmal der Name von Frank Plasberg auf, der sich mit seiner Talkshow «Hart aber fair» vom Regionalprogramm zu einer erfolgreichen ARD-Sendung am Montagabend hochgearbeitet hat. Da ist Sandra Maischberger, die mit ihrem Dienstagsformat «Menschen bei Maischberger» Jauch in der Popularität nahekommt. Macht es Anne Will noch einmal, die ihm 2011 weichen musste und nun mittwochs auf Sendung geht? Oder kommt frisches Blut von einem anderen Sender? Jan Böhmermann ist es gewohnt, dass immer wieder sein Name fällt, wenn es um innovatives Fernsehen geht. Das wäre die größte Ironie: Wenn der schärfste Jauch-Kritiker auf ihn folgte.

Wie es auch kommen mag - Politiker müssen sich nun ab Januar 2016 ein neues Zuhause am Sonntagabend suchen. «Ich bin mehr als überrascht. Ich bin platt», bedauerte der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach das Ende der Sendung, in der er schon häufiger zu Gast war. «Ich weiß nicht, wie die ARD diese Lücke am Sonntagabend füllen will.»

dpa