Russen und Europäer bauen zwei neue Stränge für Nord Stream

Pipeline-Bau: Der russische Gasmonopolist Gazprom baut mit europäischen Partnern zwei neue Stränge für die Ostseepipeline Nord Stream. Foto: Soeren Stache/Symbol
Pipeline-Bau: Der russische Gasmonopolist Gazprom baut mit europäischen Partnern zwei neue Stränge für die Ostseepipeline Nord Stream. Foto: Soeren Stache/Symbol

Russlands Energieriese Gazprom kündigt den Ausbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream an - ein Schlag für das Transitland Ukraine. Andere westliche Konzerne schließen Milliarden-Deals beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Überwindet die Wirtschaft die politische Krise? Der russische Gasmonopolist Gazprom baut zusammen mit westeuropäischen Partnern zwei neue Stränge der Ostsee-Pipeline Nord Stream.

Damit soll die Energieversorgung der EU-Staaten abgesichert und die krisengeschüttelte Ukraine als bisher wichtigstes Transitland für russisches Erdgas umgangen werden, wie der Konzern in St. Petersburg mitteilte.

Russische und vor allem europäische Unternehmer nutzen das 19. Internationale Wirtschaftsforum in der früheren Zaren-Metropole, um ungeachtet der politischen Krise ihre Kontakte voranzutreiben. Der Bau der Pipeline werde «zur Erhöhung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Lieferungen» beitragen, sagte Gazprom-Chef Alexej Miller. Ein Nord Stream-Sprecher sagte, wegen einer komplizierten Gesellschafterstruktur werde zunächst eine Betreibergesellschaft gegründet, die die beiden neuen Stränge bauen soll. Die 1224 Kilometer lange Nord Stream-Leitung wurde 2011 in Betrieb genommen, unter anderem, um die Ukraine als Transitland zu umgehen.

Das Projekt, an dem sich auch Eon aus Deutschland, OMV aus Österreich sowie der britisch-niederländische Shell-Konzern beteiligen, gilt daher auch vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise als großer Coup. Mit den zwei geplanten neuen Strängen verdoppelt sich die Kapazität von Nord Stream um weitere 55 Milliarden Kubikmeter im Jahr.

Die Ukraine dürfte dadurch ihre Bedeutung als bislang wichtigstes Transitland für russisches Gas nach Westeuropa verlieren. Von 2020 an will Moskau kein Gas mehr durch die Ukraine nach Westeuropa liefern. Russland hält die Ukraine für unzuverlässig und hatte dort in der Vergangenheit illegales Abzapfen von Gas beklagt. Die beiden Länder streiten zudem über Lieferpreise und Gasschulden.

Zum nächsten Schlag gegen Kiew könnte Moskau schon an diesem Freitag ansetzen. Kremlchef Wladimir Putin und der griechische Regierungschef Alexis Tsipras wollen beim Forum das Pipeline-Projekt Turkish Stream vorantreiben.

Über die Leitung will Russland bis zu 63 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr durch das Schwarze Meer in die Türkei und weiter nach Griechenland pumpen. Den vom Staatsbankrott bedrohten Griechen hat Putin rund zwei Milliarden Euro als Kredit für den Pipeline-Bau in Aussicht gestellt, wenn sie sich beteiligen.

Das Forum in St. Petersburg - der russische Gegenentwurf zum Forum im Schweizer Kurort Davos - ist traditionell Schauplatz für den Abschluss von Milliarden-Geschäften. Siemens etwa unterzeichnete am Donnerstag einen Vertrag mit der russischen Staatsbahn RZD über 1,7 Milliarden Euro für die Wartung von Zügen. Trotz politischer Spannungen kamen in diesem Jahr mehr Topmanager aus dem Ausland, auch aus dem Westen, in Putins Heimatstadt.

Der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, rief im ARD-«Morgenmagazin» zum weiteren Dialog auf. «Gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit ist die beste Friedenssicherung», sagte er. Der Wirtschaftsexperte kritisierte die geplante Fortsetzung der EU-Sanktionen. Länder wie China, die sich nicht beteiligten, könnten den Westen als Partner verdrängen.

«Es ist richtig, die ostasiatische Konkurrenz im Blick zu behalten, aber ich würde vor Panik warnen», meinte indes Frank Schauff, Chef des Verbandes Europäischer Unternehmer (AEB) in Russland. Der Handel zwischen der EU und Russland sei zwar stark eingebrochen, doch der Anteil der EU am russischen Außenhandel sei mit 49 Prozent stabil.

dpa