Ministerin Nahles will nicht am Acht-Stunden-Tag rütteln

Arbeitsministerin Andrea Nahles will will am Acht-Stunden-Tag festhalten. Foto: Maurizio Gambarini
Arbeitsministerin Andrea Nahles will will am Acht-Stunden-Tag festhalten. Foto: Maurizio Gambarini

Die Arbeitgeber wollen den Acht-Stunden-Tag kippen und durch flexiblere Modelle ersetzen. Doch die zuständige Ministerin will das Gesetz nicht ändern. Für die Beschäftigten bleibt alles wie gehabt - vorerst. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will am Acht-Stunden-Tag in Deutschland festhalten - trotz Appellen aus der Wirtschaft für mehr Flexibilität.

«Änderungen sind an der Stelle nicht geplant», sagte eine Sprecherin des Arbeitsministeriums.

Sie wies damit Angaben aus einem Bericht der «Rheinischen Post» zurück, wonach Nahles bereits 2016 ein neues Arbeitszeitgesetz vorlegen wolle. «Das ist nicht korrekt», hieß es.

Ende des kommenden Jahres wolle das Ministerium vielmehr ein «Weißbuch» vorstellen. Dieses solle dann die Grundlage für Prüfungen sein, ob und wo mögliche Anpassungen im Arbeitszeitgesetz nötig sind.

Das Arbeitszeitgesetz aus dem Jahr 1994 begrenzt die zulässige Arbeitszeit an Werktagen auf acht Stunden. Eine Ausdehnung auf bis zu zehn Stunden ist möglich, sofern der Acht-Stunden-Tag langfristig eingehalten wird.

«Das Arbeitszeitgesetz sollte von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umgestellt werden, um mehr Spielräume zu schaffen und betriebliche Notwendigkeiten abzubilden», sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. So würde die Bundesregierung ihrem Anspruch gerecht, EU-Normen eins zu eins umzusetzen. Sie würde außerdem einen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten.

Kramer bekräftigte damit Forderungen aus einem schon im Mai von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) veröffentlichten Positionspapier. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, wegen des digitalen Wandels den Acht-Stunden-Tag aus dem Arbeitszeitgesetz zu streichen. Die «Rheinische Post» hatte zuerst darüber berichtet.

Die Arbeitnehmer wiesen die Forderungen der Arbeitgeber strikt zurück. «Das ist eine absurde Diskussion», sagte ein Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zu dem Positionspapier. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte die Vorstöße scharf: Das BDA-Papier sei «ein politischer Versuch, die Digitalisierung zur weiteren Liberalisierung des Arbeitsmarktes zu nutzen».

«Die Arbeitgeber missbrauchen die Debatte um die Auswirkung der Digitalisierung, um die Rolle rückwärts bei den Arbeitszeiten einzuleiten», sagte eine DGB-Sprecherin. «Es gibt Belastungsgrenzen, und eine liegt definitiv bei acht Stunden Arbeitszeit. Das ist wissenschaftlich längst erwiesen.»

Auch Linke-Chef Bernd Riexinger kritisierte den Vorstoss: «Das geht in die völlig falsche Richtung», sagte er. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeit dürfe nicht ausschließlich Unternehmensinteressen dienen, sondern müsse Beschäftigten ermöglichen, mehr Zeit mit ihrer Familie und Freizeit zu verbringen. «Es geht darum Arbeit umzuverteilen. Viele Beschäftigte leiden unter Überstunden und Dauerstress, während andere unterbeschäftigt oder erwerbslos sind.»

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) betonte zwar, dass flexible Arbeitszeitmodelle für viele Menschen wichtig seien - warnte aber zugleich vor einer Aufhebung von Arbeitszeit-Begrenzungen. Diese seien aufgrund des Gesundheits- und Arbeitsschutzes geboten. «Mein Ratschlag ist, nicht so zu tun, als ob sich in der digitalen Welt alles geändert hat. Die Prinzipien der analogen Welt rate ich in der digitalen nicht aufzugeben», sagte Gabriel.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, verteidigte indes die Forderungen. «Flexible Arbeitszeiten gewinnen, angesichts von Digitalisierung und der Notwendigkeit zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, immer mehr an Bedeutung», sagte Schweitzer der «Rheinischen Post». Starre Arbeitszeitregelungen minderten die Flexibilität der Unternehmen. «Daher wäre es wichtig, die gesetzlichen Regelungen an die aktuelle Entwicklung anzupassen.»

dpa