Deutschland ist großer Gewinner der Griechenland-Krise

Wegen der in Folge der Krise gesunkenen Zinslasten hat Deutschland laut der Studie rund 100 Milliarden Euro eingespart. Foto: Boris Roessler
Wegen der in Folge der Krise gesunkenen Zinslasten hat Deutschland laut der Studie rund 100 Milliarden Euro eingespart. Foto: Boris Roessler

Fehlen Deutschland Milliarden in der Kasse, wenn Griechenland seine Schulden nicht tilgt? Nein, das Gegenteil stimmt, sagt eine Studie. Denn die Krise entlaste den Bundeshaushalt enorm. Die deutschen Steuerzahler sind einer Studie zufolge selbst bei einem kompletten Ausfall der griechischen Schulden Gewinner der Schuldenkrise. Von 2010 bis heute habe der deutsche Fiskus wegen der durch die Krise gesunkenen Zinslasten mehr als 100 Milliarden Euro gespart.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Instituts für Wirtschaftsforschung (IWH) in Halle. Dies seien mehr als die rund 90 Milliarden Euro, die Griechenland Deutschland direkt und indirekt zum Beispiel über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) schulde. «Diese Einsparungen übertreffen die Kosten der Krise - selbst dann, wenn Griechenland seine Schulden komplett nicht bedienen würde», heißt es in einer Mitteilung des Leibniz-Instituts. «Deutschland hat also in jedem Fall von der Griechenlandkrise profitiert.»

Die Erklärung der Forscher: Mit der Krise hätten Anleger aus aller Welt besonders sichere Anlagen gesucht. Dabei standen die deutschen Staatsschulden ganz vorne auf der Liste der sicheren Häfen. Außerdem pumpte die Europäische Zentralbank (EZB) Milliarden in den Markt. Die hohe Nachfrage drückte dann die Rendite der Anleihen. Die Folge: Deutschland konnte auslaufende Staatsanleihen mit Anleihen ersetzen, für die viel niedrigere Zinsen als üblich fällig werden.

Wie hoch wären die Zinslasten gewesen, wenn es keine Krise gegeben hätte? Für den Vergleichsmaßstab wählten die Forscher zwei Methoden. Einmal legten sie einfach die vor der Krise üblichen Zinssätze für Deutschland zugrunde. Im zweiten Fall errechneten sie aufgrund der Wirtschaftsentwicklung Zinssätze, wie sie ohne Krise wahrscheinlich gewesen wären. Beide Rechenmethoden kamen aber zum ungefähr selben Ergebnis.

Die sogenannte Flucht von Anlegern bei Krisen in sichere Häfen ist ein an den Märkten oft beobachtetes Phänomen. Die Forscher aus Halle untersuchte im Fall Griechenland, wie sich positive und negative Nachrichten zur Verschuldung Griechenlands in den Renditen deutscher Anleihen niederschlugen.

Dabei erkannten sie einen direkten Zusammenhang. «Schlechte Nachrichten in Griechenland waren gute Nachrichten in Deutschland und umgekehrt», heißt es in der Studie. Voraussichtlich werde der Zinsvorteil Deutschlands auch in Zukunft noch anhalten.

Nicht berücksichtigt wurden in der Studie allerdings Auswirkungen der Krise auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. So kann zum Beispiel eine hohe globale Unsicherheit auf die Auslandsnachfrage drücken - gleichzeitig kann ein schwacher Euro aber auch die Exporte beflügeln.

Auch Folgen wie krisenbedingt sinkende Investitionen, die Stärkung der Wirtschaft durch Zuwanderungen aus Südeuropa oder auch negative Zinseffekte für deutsche Sparer mit Tagesgeldkonten oder Rentenversicherungen wurden in der Studie nicht berechnet.

dpa