Bundesagentur-Chef Weise: Jobhürden für Flüchtlinge senken

Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung haben ergeben, dass sich die Zuwanderung von jungen Ausländern auch für die Sozialkassen lohnt. Foto: Ingo Wagner
Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung haben ergeben, dass sich die Zuwanderung von jungen Ausländern auch für die Sozialkassen lohnt. Foto: Ingo Wagner

Längst nicht alle gelten als politisch verfolgt. Viele Asylbewerber kommen in der Hoffnung auf einen gut bezahlten Job nach Deutschland - bisher aber nur mit geringen Chancen. Das sollte sich ändern, findet Bundesagentur-Chef Weise. Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank Jürgen Weise, hat sich dafür ausgesprochen, die Jobhürden für Asylbewerber und Flüchtlinge weiter zu senken.

«Ich bin dafür, dass man den Arbeitsmarkt in fast allen Berufen, in denen regional Mangel herrscht, für Asylbewerber oder andere Zuwanderer schneller öffnet», sagte Weise der Deutschen Presse-Agentur. Als Beispiel nannte er fehlende Bewerber für Gesundheitsberufe und Bauelektroniker-Stellen.

Für solche Beschäftigungsmöglichkeiten, für die Unternehmen nur schwer Arbeitskräfte fänden, sollte daher schon bald die sogenannte Vorrangprüfung für Asylbewerber wegfallen. Dabei wird geprüft, ob die Stelle nicht auch an einen bereits in Deutschland lebenden Arbeitslosen vermittelt werden kann. Das Arbeitsverbot für Flüchtlinge war bereits in der jüngsten Vergangenheit gelockert worden. Weise kündigte zugleich eine stärkere Förderung von Asylbewerber und Flüchtlingen in Jobcentern und Arbeitsagenturen an.

Auch sollten Asylbewerber noch während eines laufenden Asylverfahrens die Chance erhalten, sich nachträglich als Arbeitsmigrant oder auf einem anderen zuwanderungsrechtlichen Weg um einen dauerhaften Verbleib in Deutschland zu bemühen. Einen solchen «Spurwechsel» halte er für «absolut notwendig». «Dafür gibt es einen dringenden Bedarf», unterstrich Weise. Unter den Flüchtlingen gebe es viele qualifizierte Männer und Frauen. «Und es ist fatal, wenn wir dann sagen, rein gesetzestechnisch schicken wir Euch weg».

Qualifizierte Zuwanderer abzuweisen könne man sich schon deshalb nicht leisten, weil die deutsche Wirtschaft immer stärker auf junge arbeitswillige Ausländer angewiesen sei. Zum anderen sei Arbeit der Schlüssel für eine gute Integration. «Denn über Arbeit lernt man Sprache. Arbeit heißt, dass die Menschen eine Beschäftigung haben, finanziell unabhängig werden, und Arbeit heißt auch, Menschen in der kleinen Lebensgemeinschaft des Betriebes und der Kommune kennenzulernen», betonte der Bundesagentur-Chef.

Zuwanderung sei aber auch nötig, um die beitragsfinanzierten Sozialversicherungssysteme wegen des erwarteten Bevölkerungsrückgangs vor einer drohenden Schieflage zu bewahren. «Das Problem ist, dass im Übergang von 82 Millionen auf vielleicht 60 Millionen Menschen in Deutschland es plötzlich weniger gibt, die arbeiten und mehr Menschen gibt, die unterstützt werden müssen, weil sie nicht mehr arbeiten. Um diese Übergänge gut zu machen, brauchen wir gezielte, qualifizierte Zuwanderung», machte Weise deutlich.

Berechnungen des hauseigenen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hätten ergeben, dass sich die Zuwanderung von jungen Ausländern auch für die Sozialkassen lohne. «In der Summe ist es so, dass auch die Sozialsysteme langfristig durch Zuwanderung - da meine ich auch Asylbewerber und Flüchtlinge, die in Arbeit kommen - gewinnen: Mittelfristig fließt mit den Sozialbeiträgen und Steuern der Zuwanderer mehr Geld in die Sozialkassen, als für diese Gruppe ausgegeben wird», sagte Weise.

Das könnte nach Einschätzung des Bundesagentur-Chefs allerdings kippen, «wenn der Anteil der Menschen, die kommen und nicht arbeiten wollen oder dürfen zu groß wird», sagte der BA-Chef einschränkend. «Wir müssen daher darauf achten, dass sich niemand in den Sozialsystemen einrichtet. Die Menschen müssten zur Arbeit befähigt, zur Not auch zu Arbeit angehalten werden. «Wir haben ein paar Erscheinungen, wo wir sagen, da wächst der Anteil in der Grundsicherung, das ist nicht ungefährlich.»

dpa