Flüchtlingszüge rollen nach Bayern

Sie warten auf den Weitertransport in eine Erstaufnahmeeinrichtung. Seit Montag kamen 2000 Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof an. Foto: Nicolas Armer
Sie warten auf den Weitertransport in eine Erstaufnahmeeinrichtung. Seit Montag kamen 2000 Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof an. Foto: Nicolas Armer

Der Budapester Ostbahnhof ist inzwischen gesperrt, doch Tausende Flüchtlinge haben Ungarn bereits mit Reiseziel Deutschland verlassen. Die Gewerkschaft der Polizei erhebt schwere Vorwürfe, Kanzlerin Merkel sieht Brüssel in der Pflicht. Nach dem zeitweiligen Stopp der Polizeikontrollen am Budapester Ostbahnhof sind mehrere tausend Flüchtlinge aus Ungarn in Deutschland eingetroffen. Allein am Münchner Hauptbahnhof kamen seit Wochenbeginn 2000 Flüchtlinge an, weitere 1300 warteten in Österreich auf ihre Weiterreise - die meisten von ihnen laut Bundespolizei mit Reiseziel Deutschland. 

Bayern bat andere Bundesländer um Unterstützung. In Budapest wurde der Ostbahnhof am Vormittag für zwei Stunden total gesperrt, die Behörden forderten Reisende und Flüchtlinge auf, das Gelände zu verlassen. Als der Bahnhof wieder geöffnet wurde, kontrollierten die Behörden die Zugänge und ließen keine Flüchtlinge mehr ein. Am Vortag hatte die Polizei überraschend auf die Bahnsteigkontrollen verzichtet, die verhindern sollen, dass visumpflichtige Reisende ohne gültiges Visum für Österreich oder Deutschland an Bord der internationalen Züge gelangen. In der «Transitzone» neben dem Ostbahnhof warten nach Angaben von Helfern und Aktivisten derzeit 1500 bis 2000 Flüchtlinge auf die Möglichkeit einer Weiterreise nach Deutschland. Nachdem der Bahnhof abgeriegelt worden war, kam es ihnen zu kleineren Tumulten. Einige protestierten und forderten die Ermöglichung ihrer Ausreise nach Deutschland. Zu Mittag beruhigten sich die Gemüter wieder.

Allein im österreichischen Salzburg warten 800 Flüchtlinge auf die Weiterfahrt nach Deutschland, in Wien waren es 500. «Und eine erhebliche Zahl hält sich noch in Budapest auf», sagte ein Bundespolizeisprecher am Mittag.

Am Montag hatte die ungarische Polizei ihre Bahnsteigkontrollen am größten Budapester Bahnhof überraschend gestoppt, woraufhin Hunderte Flüchtlinge die Züge Richtung Westen stürmten. Auch in Stuttgart und Frankfurt am Main kamen jeweils rund 100 Flüchtlinge in Zügen an. Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) forderte wegen der dramatisch steigenden Asylbewerberzahlen dringend die Hilfe aller anderen Bundesländer: «Bayern kann das alleine nicht mehr schaffen.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die EU-Kommission zum Handeln auf: Europa brauche eine gemeinsame Asylpolitik - mit Registrierungszentren für Flüchtlinge in Griechenland und Italien, einer einheitlichen Einstufung sicherer Herkunftsländer und fairen Verteilung von Asylbewerbern auf alle 28 EU-Mitgliedstaaten. Nach der Dublin-Verordnung ist eigentlich derjenige Mitgliedstaat für das Verfahren eines Asylbewerbers zuständig, in dem dieser erstmals europäischen Boden betreten hat.

Ein Großteil der Migranten kommt aus den Kriegsgebieten Syriens und Nordiraks sowie aus Diktaturen wie Eritrea. Rund 40 Prozent stammen aber vom Balkan und haben wenig Chancen auf ein Bleiberecht in der EU. Speziell für sie eröffnete Bayern das bundesweit erste Aufnahmezentrum für Balkan-Flüchtlinge. In einer ehemaligen Kaserne am Rande von Manching bei Ingolstadt sollen künftig 500 Flüchtlinge aus Südosteuropa untergebracht werden. Ihre Asylverfahren sollen in maximal sechs Wochen beschleunigt abgewickelt werden.

Dramatisch ist die Lage auch in Griechenland: Nach vorläufigen Daten der EU-Grenzschutzagentur Frontex trafen dort allein vergangene Woche mehr als 23 000 Bootsflüchtlinge ein. Auf der Ostägäisinsel Lesbos harren laut der griechischen Küstenwache seit Tagen mehr als 15 000 Flüchtlinge aus - und jeden Tag kommen Hunderte hinzu. An der ungarisch-serbischen Grenze wiederum kamen laut Frontex in der vergangenen Woche schätzungsweise 9400 Flüchtlinge an.

dpa