Udo Wachtveitl: Wiesn höchstens für Ehen gefährlich

Udo Wachtveitl ist kein Wiesn-Hasser. Foto: Christian Charisius/Archiv
Udo Wachtveitl ist kein Wiesn-Hasser. Foto: Christian Charisius/Archiv

Seit fast 25 Jahren ist Udo Wachtveitl der Münchner «Tatort»-Kommissar Franz Leitmayr. Sein 70. Fall führt ihn nun auf das größte Volksfest der Welt. Auch privat kennt Wachtveitl die Wiesn gut - auch ihre Schattenseiten. Schauspieler Udo Wachtveitl (56) kennt die Schattenseiten der Wiesn: «Vollgekotzte Gehwege, Herren mit Pieselbedürfnis und so weiter.»

So sei der Dreh zur «Tatort»-Episode «Die letzte Wiesn», die an diesem Sonntag (20.15 Uhr) im Ersten ausgestrahlt wird, auch so etwas wie ein «Guerilla-Dreh» gewesen, sagt er im Interview der Deutschen Presse-Agentur in München.

Frage: Im neuen «Tatort» vermietet Kommissar Leitmayr zur Wiesn seine Wohnung. Könnte Ihnen das privat auch passieren? Antwort: Ich habe mal ganz in der Nähe der Wiesn gewohnt und kenne die Schattenseiten: Vollgekotzte Gehwege, Herren mit Pieselbedürfnis und so weiter. Aber dass ich die Wohnung deshalb vermietet hätte, so weit ging es dann doch nicht. Ich bin damals manchmal gerne zum Frühstücken an einem der weniger gut besuchten Tage hingegangen - an einem Dienstag zum Beispiel. Das war eigentlich ganz schön. Ich bin also kein Wiesn-Hasser oder so.

Frage: Sie sind aber auch niemand, der sich dort im Zelt abends auf die Bierbank stellt?

Antwort: Nein! Ich kann mich nicht erinnern, dass das jemals passiert wäre - aber nicht erinnern ist ja zweideutig...

Frage: Wie war es, in diesem Umfeld zu drehen?

Antwort: Ich' hab das Guerilla-Dreh genannt, und das war streckenweise nicht so leicht. Miro und ich machen das nun schon eine ganze Weile, wir haben inzwischen einen gewissen Bekanntheitsgrad, und heutzutage haben ja alle Handys dabei und wollen Fotos machen. Ich freue mich natürlich, wenn unsere Arbeit den Leuten gefällt, nur fürs Drehen ist das natürlich schwierig. Aber wir sind da polizeilich dienstbeflissen durchgeschritten. Wir haben's hingebracht, aber das ist jetzt nichts, was ich jeden Tag brauche.

Frage: Halten Sie die Wiesn für einen gefährlichen Ort?

Antwort: Für Ehen vielleicht...

Frage: Sie haben gerade Ihren Jubiläums-«Tatort» gedreht, 25 Jahre sind Sie schon dabei. Hat der München-Tatort sich verändert?

Antwort: Miro und ich haben uns natürlich schon mal rein äußerlich verändert. Wir waren ja beide relativ junge Schauspieler ohne große Drehroutine. Es gibt nicht nur schlechte Routine, sondern auch eine gute Routine, die einem erlaubt, nicht mehr so eingeschüchtert zu sein von dem riesigen Apparat oder der Tatsache, dass man überhaupt dreht. Wir sind selbstverständlicher geworden. Man muss jetzt nicht mehr in jeder Szene den Kommissar mitspielen. Das merke ich, wenn ich - was ich fast nie tue - mal einen alten «Tatort» anschaue, dass wir damals noch versucht haben, diese große Kommissarsjacke, die man da angezogen bekommen hat, auszufüllen.

Frage: Sie haben sich ja schon mal kritisch dazu geäußert, dass immer neue «Tatort»-Teams aus dem Boden gestampft werden...

Antwort: Ich habe nichts gegen Neues. Gute «Tatorte» sind gut - egal, ob mit einem alten oder einem neuen Team - und schlechte «Tatorte» sind schlecht. So einfach ist das. Ich bin niemand, der da Besitzstände verteidigt. Wir waren ja auch mal die Neuen. Aber ich glaube, man muss eine Kontinuität in der Qualität bewahren und die berechtigte Erwartung der Zuschauer auf eine verlässlich gut durchdachte Kriminalgeschichte erfüllen und darf sich nicht in angestrengten Novitäten und Mätzchen ergehen. Aber dass man was probiert, finde ich gut, und ich finde auch einige der neuen Teams besser als das, was sie ersetzt haben. Man muss nur den Markenkern bewahren.

Frage: Sind Sie einer von denen, die jeden Sonntagabend vor dem Fernseher sitzen und den «Tatort» anschauen?

Antwort: Nein, aber nicht, weil ich's hasse oder so. Erstens habe ich einen Rekorder, und zweitens macht es ja ein Schreiner auch nicht, dass er am Sonntag zur Abendgestaltung noch schnell einen Tisch schreinert. Außerdem sehe ich mich nicht gerne. Mir geht es da so wie vielen Leuten, wenn sie ihre Stimme auf der Mobilbox hören. Ich versuche, das zu vermeiden.

Frage: Haben Sie in den 25 Jahren mal überlegt, es sein zu lassen mit dem «Tatort»?

Antwort: Ja, klar. Das war aber nie eine der langen Zeit geschuldete Mürbheit, sondern das waren Einzel-Events. Mal war ich so unzufrieden mit einem Buch, dass es Streit gab. Mal gab es eine krisenhafte Situation mit dem Miro - da ging es auch ums Drehbuch. Das gibt's immer mal, das halte ich bei 25 Jahren nicht für außergewöhnlich. Aber wir werden es bestimmt nicht noch 25 Jahre machen - sonst laufen die Kugellager im Rollator heiß bei der Verfolgungsjagd.

Frage: Wie könnte denn ein Ende aussehen?

Antwort: Ich möchte kein Ende in Trübnis. Wir haben immer versucht, diesen für Tiefsinn gehaltenen Trübsinns-Kitsch und Betroffenheitsorgien zu vermeiden. Entsprechend soll auch das Ende sein. Ich glaube nicht, dass Leitmayr oder Batic erschossen werden, blutend am Boden liegen und dann gibt es eine trauernde Nation. Ich hab eine Idee und die ist nicht schlecht. Und es hat nichts mit einer Frau zu tun.

ZUR PERSON: Udo Wachtveitl ist seit fast 25 Jahren als «Tatort»-Kommissar Franz Leitmayr zu sehen und gehört mit Miroslav Nemec als Ivo Batic zu den dienstältesten «Tatort»-Teams. «Animals» hieß ihr erster «Tatort»-Fall und wurde am 1. Januar 1991 ausgestrahlt. Dutzende weitere Fälle rund um «Liebe, Sex und Tod» (1997), «Starkbier» (1999) und den «Viktualienmarkt» (2000) folgten. Der Film «Die letzte Wiesn» ist der 70. Fall für Leitmayr und Batic.

dpa