Bund bietet Ländern Milliarden-Plus für Flüchtlingshilfe

Angela Merkel, Annegret Kramp-Karrenbauer (l.), Ministerpräsidentin des Saarlands, und Malu Dreyer (M.), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, begrüßen sich zum Flüchtlingsgipfel. Foto: Bernd von Jutrczenka
Angela Merkel, Annegret Kramp-Karrenbauer (l.), Ministerpräsidentin des Saarlands, und Malu Dreyer (M.), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, begrüßen sich zum Flüchtlingsgipfel. Foto: Bernd von Jutrczenka

Schnelle Finanzhilfen und längerfristige Konzepte für einen humanen Umgang Deutschlands mit dem Flüchtlingsandrang - das sind die Ziele des am Nachmittag gestarteten Flüchtlingsgipfels in Berlin. Der Bund wird bei seinen Hilfen für die Länder wohl kräftig draufsatteln. Unmittelbar vor dem Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt hat der Bund eine deutliche Aufstockung seiner Finanzhilfen für die Länder in Aussicht gestellt. Im laufenden Jahr sollen den Ländern nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zwei Milliarden Euro bereitgestellt werden.

Das weäre eine Verdoppelung der bisherigen Zusage. Im nächsten Jahr wolle der Bund seine Hilfe von den zuletzt zugesagten drei Milliarden Euro auf nunmehr «gut vier Milliarden Euro» erhöhen, verlautete am Donnerstagnachmittag aus Verhandlungskreisen in Berlin. Die genaue Höhe der Zahlung für 2016 stehe noch nicht endgültig fest. Der Beginn der Gespräche über die Neuausrichtung der deutschen Asyl- und Flüchtlingspolitik verzögerte sich deutlich, da die Vorbesprechungen länger dauerten als geplant. Bund und Länder wollten bei dem Spitzentreffen ein umfangreiches Paket zur Bewältigung der Flüchtlingskrise beschließen. Es geht zum einen um die künftige Verteilung der Kosten zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Der Gipfel berät außerdem über ein Paket mit zahlreichen Gesetzesänderungen.

Als dauerhafte Beteiligung des Bundes an den Kosten war vor dem Treffen im Gespräch, dass Berlin pro Asylbewerber und Monat 670 Euro an die Länder überweist. Die Höhe der Bundeshilfe über die Pro-Kopf-Pauchale hängt auch entscheidend von der Dauer der Asylverfahren ab - und damit von der Frage, wie lange Länder und Kommunen Flüchtlinge unterbringen.

Die Ministerpräsidenten der Länder hatten zuvor den Druck auf die Bundesregierung erhöht, bei ihren Finanzhilfen deutlich nachzulegen. Mehrere Regierungschefs bezifferten die notwendige Unterstützung des Bundes bei der Flüchtlingshilfe im nächsten Jahr auf 4 bis 6 Milliarden Euro.

Nach einem zwischen den 16 Ländern abgestimmten Forderungskatalog soll der Bund ab 1. Januar 2016 einen Teil der Kosten für den Zeitraum der Registrierung bis zur Erteilung des Asylbescheids durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge tragen. So heißt es laut «Ruhr Nachrichten» in dem Länder-Papier, das dem Blatt vorlag: «Für das Jahr 2016 erhalten die Länder eine Abschlagszahlung, die über die Umsatzsteuer verteilt wird.»

Bei durchschnittlich 800 000 Asylbewerbern und sechs Monaten Verfahrensdauer ergebe sich ein Betrag von 3,21 Milliarden Euro. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge müsse der Bund einen gesonderten Monatsbeitrag von 5000 Euro je Fall übernehmen, forderten die Ministerpräsidenten. Demnach sollte der Bund auch die Kosten für Abschiebungen übernehmen sowie jährlich 350 Millionen zur Schaffung von Erstaufnahmeeinrichtungen.

Bei der Erstaufnahme will der Bund die Länder stärker entlasten als bisher geplant. Neben den zugesagten 40 000 Erstaufnahmeplätzen, die der Bund direkt schafft, könnte er für weitere 40 000 Plätze eigene Liegenschaften bereitstellen und die Kosten für die Herrichtung übernehmen. Das geht aus einem Entwurf für das Abschlusspapier des Flüchtlingsgipfels hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

Die Einrichtung der übrigen Plätze werde der Bund «finanziell angemessen unterstützen». Bund und Länder wollen bis Mitte 2016 insgesamt 150 000 zusätzliche und winterfeste Unterbringungsplätze für Asylbewerber in Erstaufnahmeeinrichtungen schaffen.

Merkel hatte am Morgen in einer Regierungserklärung gesagt, neben der Bewältigung aktueller, auch finanzieller Fragen gehe es längerfristig um die Eingliederung Hunderttausender Flüchtlinge in Deutschland. So müssten Asylsuchende die Bereitschaft zur Integration mitbringen. Wichtig seien auch deutlich schnellere Asylentscheidungen und eine schnellere Rückführung nicht asylberechtigter Menschen.

Das geplante Gesetzespaket sieht unter anderem vor, Albanien, Kosovo und Montenegro als weitere «sichere Herkunftsstaaten» einzustufen, Asylbewerber künftig länger in Erstaufnahmeeinrichtungen zu halten und ihnen dort überwiegend Sachleistungen zu gewähren. Für bestimmte Flüchtlingsgruppen sind auch rigide Leistungskürzungen vorgesehen.

Die Regierung will das Asyl-Paket im beschleunigten Verfahren durch Parlament und Bundesrat bringen und zieht dafür die Kabinettssitzung in der kommenden Woche vor. Die Ministerrunde soll bereits am Dienstag und nicht wie üblich am Mittwoch tagen, erklärten am Donnerstag Sprecher von Regierung und Bundesinnenministerium.

dpa