Plagiatsjäger beanstanden von der Leyens Doktorarbeit

Ursula von der Leyen hat 1990 in Medizin promoviert. Foto: Kay Nietfeld/Archiv
Ursula von der Leyen hat 1990 in Medizin promoviert. Foto: Kay Nietfeld/Archiv

Es geht um Geburtsvorbereitung, Blasensprung und Entspannungsbäder: Ursula von der Leyen wird von ihrer 25 Jahre alten Dissertation eingeholt. Hat sie fremdes Gedankengut nicht ausreichend gekennzeichnet? Plagiatsjäger werfen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Regelverstöße in deren medizinischer Doktorarbeit vor.

Die 1990 erschienene Arbeit enthalte «zahlreiche wörtliche und sinngemäße Textübernahmen, die nicht als solche kenntlich gemacht sind», heißt es auf der Internetplattform «VroniPlag Wiki», wo Nutzer ihre Erkenntnisse zusammentragen. 

Bisher seien auf 27 der insgesamt 62 Textseiten Plagiatsfundstellen dokumentiert. Die Medizinische Hochschule Hannover begann erste Überprüfungen und kündigte eine förmliche Untersuchung durch eine Kommission an. Zuerst hatte «Spiegel Online» über die Vorwürfe gegen die stellvertretende CDU-Parteivorsitzende berichtet. Ein Ministeriumssprecher teilte mit, von der Leyen wisse seit August davon. «Die Ministerin weist den Vorwurf nicht nur zurück - sie hat noch am selben Tag die Medizinische Hochschule Hannover gebeten, ihre Dissertation durch eine fachkundige und neutrale Ombudsstelle der Einrichtung überprüfen zu lassen», hieß es.

Die Hochschule kündigte schnelle interne Ergebnisse an. «Mit dem vertraulichen Bericht über die Ergebnisse der Vorprüfung an die Hochschulleitung ist in den nächsten Tagen zu rechnen», sagte ein Sprecher am Samstagabend in Hannover. Eine Ombudsperson der Hochschule prüfe gemäß der gültigen Verfahrensregeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis (GWP) die Doktorarbeit sowie die gegen sie erhobenen Vorwürfe. Gemäß der gültigen Verfahrensregeln an der MHH sei danach mit der Einleitung einer förmlichen Untersuchung durch die GWP-Kommission zu rechnen.

Plagiatsvorwürfe haben schon mehrere Spitzenpolitiker in Bedrängnis gebracht - bis hin zum Rücktritt. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) musste 2011 sein Amt niederlegen, nachdem ihm die Universität Bayreuth den Doktortitel aberkannt hatte. 2013 trat Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) nach dem Entzug ihres Titels durch die Uni Düsseldorf zurück.

Von der Leyens Sprecher erklärte, es sei «nicht neu, dass Aktivisten im Internet versuchen, Zweifel an Dissertationen namhafter promovierter Politiker zu streuen». Bei Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) waren an der Uni Gießen 2013 nach Plagiatsvorwürfen weder wissenschaftliches Fehlverhalten noch Täuschungsabsicht festgestellt worden.

Aus den Auswertungen auf «VroniPlag Wiki» geht im Fall von der Leyen hervor, dass drei der beanstandeten Seiten zwischen 50 und 75 Prozent Plagiatstext enthalten und fünf Seiten mehr als 75 Prozent. Der Juraprofessor Gerhard Dannemann von der Berliner Humboldt-Universität, der seit Jahren bei «VroniPlag» mitarbeitet, sagte «Spiegel Online», von der Leyens Arbeit sei «eher ein mittelschwerer als ein schwerer Fall». Problematisch finde er allerdings die 23 gefundenen Fehlverweise, also Hinweise auf Quellen, in denen der zitierte Inhalt gar nicht zu finden sei. «Das ist im medizinischen Bereich besonders gefährlich.»

Von der Leyen promovierte im Bereich Frauenheilkunde. Der Titel der Arbeit lautet: «C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines Amnioninfektionssyndroms bei vorzeitigem Blasensprung und therapeutischem Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung».

dpa