NSU-Prozess: Nebenklägerin soll gar nicht existieren

22 Menschen waren 2004 in der Kölner Keupstraße durch einen Nagelbomben-Anschlag verletzt worden, der dem NSU zugeschrieben wird. Foto: Federico Gambarini/Archiv
22 Menschen waren 2004 in der Kölner Keupstraße durch einen Nagelbomben-Anschlag verletzt worden, der dem NSU zugeschrieben wird. Foto: Federico Gambarini/Archiv

Im Münchner NSU-Prozess räumt ein Anwalt ein, seit mehr als zwei Jahren eine Mandantin zu vertreten, die «nach aktuellem Kenntnisstand» nicht existiere. In einer Mitteilung spricht er von «betrügerischen Machenschaften». Im Münchner NSU-Prozess ist eine Frau als Opfer und Nebenklägerin zugelassen, die nach Aussage ihres Anwalts «nach aktuellem Kenntnisstand» gar nicht existiert.

Er sei von einem anderen vermeintlichen Opfer des Bombenanschlags an der Kölner Keupstraße im Jahr 2004 getäuscht worden, ließ der Jurist Ralph Willms am Freitag über seinen eigenen Rechtsbeistand mitteilen. 

Willms vertritt die offenbar erfundene Mandantin seit Beginn des NSU-Prozesses im Mai 2013. Nach Informationen von «Spiegel Online» soll er Anzeige erstattet und sein Mandat am Freitag niedergelegt haben.  Das Oberlandesgericht (OLG) München konnte das noch nicht bestätigen. Beim Senat sei bis Freitagnachmittag keine Erklärung Willms' eingegangen, hieß es.

Sprecher der Staatsanwaltschaften Köln und München I sagten auf Anfrage, bei ihnen liege noch keine Anzeige vor. Willms selber und sein Anwalt waren für Nachfragen am Freitag nicht erreichbar.

Die Angelegenheit war in dieser Woche vom Vorsitzenden Richter Manfred Götzl ins Rollen gebracht worden. Götzl hatte Willms am Dienstag in der öffentlichen Verhandlung aufgefordert, zu klären, wo sich seine Mandantin aufhält. Er habe mehrmals vergeblich versucht, sie als Zeugin zum Prozess zu laden. 

Schlüsselfigur in der Angelegenheit soll ein anderer Nebenkläger sein, der geltend macht, zu den Opfern des Kölner Nagelbombenanschlags vom 9. Juni 2004 zu gehören. Auch er ist im NSU-Prozess vertreten.

Dieser Mann soll die offenbar nicht existente Frau als Mandantin an Rechtsanwalt Willms vermittelt haben. Willms ließ mitteilen, der Mann habe ihm ein Foto der Frau gezeigt. Dazu habe er die Auskunft erhalten, die Frau sei krank und halte sich in der Türkei auf. Darum sei ein persönlicher Kontakt zu ihr nicht möglich. 

Aus der Mitteilung geht auch hervor, dass der Mann eine Gegenleistung verlangt haben soll. Er «hat das Mandat gegen Provision an Herrn Rechtsanwalt Willms vermittelt», heißt es darin. 

Jetzt habe sich aber herausgestellt, dass er die Frau unter anderem Namen gleichzeitig einem weiteren Anwalt andienen wollte. Dem habe er dasselbe Foto gezeigt. Das sei erst jetzt aufgefallen, wodurch «die wohl betrügerischen Machenschaften» des Mannes «eher zufällig» entlarvt worden seien.

Bei dem Kölner Bombenanschlag waren 22 Menschen teils schwer verletzt worden. Als unmittelbare Täter gelten die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Im NSU-Prozess muss sich Beate Zschäpe als mutmaßliche Mittäterin verantworten. Sie ist außerdem für die zehn Morde angeklagt, die dem «Nationalsozialistischen Untergrund» zugeschrieben werden.

dpa