Verbraucher sichern Deutschland verhaltenen Aufschwung

Was bleibt in der Kasse? Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen mit einem moderaten Aufschwung. Foto: Jens Büttner/Archiv
Was bleibt in der Kasse? Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen mit einem moderaten Aufschwung. Foto: Jens Büttner/Archiv

Führende Ökonomen sind sicher: Getragen von kauflustigen Verbrauchern setzt sich der deutsche Aufschwung fort. Die flaue Weltwirtschaft wirft Deutschland nicht aus der Bahn, auch wenn der Export im August enttäuscht. Die Flüchtlinge könnten die Konjunktur sogar antreiben. Die Konsumlust der Verbraucher lässt den deutschen Konjunkturmotor nach Ansicht der führenden Ökonomen weiter brummen.

Deutschland bleibe wirtschaftlich stark und könne auch die historische Flüchtlingskrise ohne neue Schulden stemmen, sagen die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten voraus. 

Trotz der schwächelnden Weltkonjunktur werde Europas größte Volkswirtschaft 2015 und 2016 um jeweils 1,8 Prozent zulegen. Allerdings werde das Exportwachstum von dieser Durststrecke gebremst. Zwar sind die deutschen Exporteure weiter auf Rekordkurs - doch im August mussten sie einen unerwartet kräftigen Rückschlag hinnehmen. Die Ausfuhren sanken gegenüber dem Juli kalender- und saisonbereinigt um 5,2 Prozent und damit so stark wie seit der tiefen Rezession 2009 nicht mehr, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater sprach von einem «Absturz mit Ansage»: «Insbesondere in den Schwellenländern haben sich in den vergangenen Monaten die wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen deutlich verschlechtert.»

Im Jahresvergleich steht aber trotzdem ein ordentliches Plus: Die Ausfuhren stiegen um 5,0 Prozent auf 88 Milliarden Euro. So wertete der Außenhandelsverband BGA die Daten positiv: «Die Sommerpause ist im Außenhandel aufgrund des billigen Euro ausgefallen», sagte BGA-Präsident Anton F. Börner. Das Wachstum fuße gleichermaßen auf einer Belebung der Nachfrage in und außerhalb der EU.

Die Institute erwarten in ihrem Herbstgutachten zwar nur wenig Impulse von China und anderen Schwellenländern für die Exporteure. Allerdings dürften diese von der Erholung im Euroraum und von steigenden Bestellungen aus anderen Industrieländern profitieren. Insgesamt trauen die Experten der deutschen Exportwirtschaft ein Ausfuhrplus von 6,2 Prozent in diesem und von 4,9 Prozent im kommenden Jahr zu. Schon 2014 hatten die Unternehmen so viele Waren «Made in Germany» in alle Welt geliefert wie nie zuvor.

Insgesamt sehen die führenden Ökonomen aber einen «verhaltenen Aufschwung» in Deutschland. Er werde vor allem von den konsumfreudigen Verbrauchern getragen, die dank Rekordbeschäftigung, steigender Löhne und weniger Steuern viel Geld ausgeben, sagte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser in Berlin.

Die elf Milliarden Euro, die der Staat zur Bewältigung der Flüchtlingskrise aufbringen müsse, seien gut angelegtes Geld. «Das wirkt ähnlich wie ein Konjunkturprogramm», meinte DIW-Experte Ferdinand Fichtner. Die Flüchtlinge würden den Großteil an Asylleistungen oder später Hartz IV in den Konsum stecken. Das könnte für die Wirtschaftsleistung einen positiven Effekt von einem Viertelprozentpunkt haben.

Allerdings müssten die Migranten schnell Arbeit und Lehrstellen bekommen. Durch fehlende Deutsch-Kenntnisse, mangelnde Berufserfahrung und die langwierigen Asylverfahren stünden dem Arbeitsmarkt 2015 nur 89 000 Flüchtlinge zusätzlich als Erwerbstätige zur Verfügung, im nächsten Jahr dann schon 295 000 Menschen. Die Arbeitslosenzahl könnte aber von 2,8 Millionen in diesem Jahr leicht auf 2,875 Millionen im nächsten Jahr steigen - auch wegen der vielen gering qualifizierten Flüchtlinge.

dpa