Joe Jackson: Vier mal vier gleich Meisterwerk

Joe Jackson ist wieder da. Foto: Jacob Blickenstaff
Joe Jackson ist wieder da. Foto: Jacob Blickenstaff

Auf ein Joe-Jackson-Album wie dieses mussten Fans seiner großen Jahre lange warten: Songorientiert und dynamisch, ohne E-Musik-Sperenzchen und Konzept-Überbau. «Fast Forward» präsentiert den Briten endlich mal wieder in Topform.

Doch halt, ganz ohne Extravaganzen geht es auch auf diesem nun über das Indie-Label earMusic erschienenen Werk nicht. Der mittlerweile 61-jährige Pianist, Sänger und Songwriter hat «Fast Forward» mit ganz unterschiedlichen Musikern in vier sehr verschiedenen Städten eingespielt. 

Also jeweils vier Songs in seinem ewigen Sehnsuchtsort New York (wer erinnert sich nicht an das fantastische Big-Apple-Album «Night And Day» mit dem einzigen Welthit «Stepping Out»), in Amsterdam, Berlin und New Orleans. Das hätte zu einer arg verstolperten Platte voller Brüche führen können - tat es aber wundersamerweise nicht. Weil Jackson nach all den Jahren mit Klassik-Verschnitten, (über-)ambitionierten Jazz-Tributes und krampfhaften Comebackversuchen einfach mal wieder 14 hochkonzentrierte eigene Lieder und zwei Coverversionen («See No Evil» von Tom Verlaine/Television und «Good Bye Jonny» von Peter Kreuder aus den 30er Jahren) einspielte, ohne sich auch nur einmal dabei zu verheben.

Piano-Pop, Latin, bläsersatter Bigband-Jazz, Pubrock und klassische Late-Night-Balladen sind auf «Fast Forward» zu hören, alles zusammengehalten von Joe Jacksons einmaliger, immer noch jung und aufmüpfig klingender Näselstimme und seinem markanten Klavierspiel. Wer sich bei dieser Stilbeschreibung an die 80er-Jahre-Großtaten «Night And Day» (1982), «Body And Soul» (1984) oder auch «Blaze Of Glory» (1989) erinnert fühlt, liegt richtig: In dieser Liga spielt erstaunlicherweise das neue Album.

Insgesamt am eindrucksvollsten gelingen wohl die vier Stücke aus den New Yorker Sessions (mit den Jazz-Koryphäen Bill Frisell an der Gitarre, Brian Blade am Schlagzeug und Regina Carter an der Geige), vor allem der Opener und Titelsong. Aber auch die teilweise mit Streichern eingespielten Amsterdam-Lieder, die Berliner Aufnahmen («Junkie Diva» nimmt direkt Bezug auf «Chinatown» von 1982) und das von tollen New-Orleans-Musikern geprägte Schlussviertel halten jede Menge Highlights bereit.

Harmonisch fügt Jackson die vier Studio-Blöcke zusammen und schafft sein schönstes, stimmungsvollstes, schwerelosestes Album seit 30 Jahren. Ein gänzlich unverhofftes Meisterwerk, das er demnächst  bei einer «Fast Forward»-Europatournee live aufführen will, wieder mit seinem getreuen Bassmann Graham Maby an der Seite. Wenn dieser berühmt-berüchtigte Exzentriker seine derzeit so gute Verfassung in die Konzerte retten kann (das war ja nicht immer so, weil er gern mal das Publikum beschimpfte), dann sollte man sich den reifen Joe Jackson auf keinen Fall entgehen lassen.

dpa