RWE rutscht weiter ab - Kundenverlust und rote Zahlen

Neben dem anhaltenden Verfall der Strompreise im Großhandel kämpft RWE nun auch noch mit einem EDV-Desaster in Großbritannien. Foto: Angelika Warmuth
Neben dem anhaltenden Verfall der Strompreise im Großhandel kämpft RWE nun auch noch mit einem EDV-Desaster in Großbritannien. Foto: Angelika Warmuth

RWE hat keine glückliche Hand. Ein Desaster mit der EDV in Großbritannien belastet das ohnehin lahmende Geschäft. Wer nüchtern rechnet, stellt sich auf weitere Kürzungen der Dividende ein. Deutschlands zweitgrößter Energiekonzern RWE rutscht trotz aller Anstrengungen weiter ab. In den ersten neun Monaten gingen die Gewinne im laufenden Geschäft erneut zurück, wie das Unternehmen in Essen mitteilte.

Neben dem anhaltenden Verfall der Strompreise im Großhandel kämpft RWE nun auch noch mit einem EDV-Desaster in Großbritannien.

Hinter die ohnehin schon wenig optimistische Prognose für das Gesamtjahr setzte das Management am Donnerstag ein Fragezeichen.

Eine klare Dividendenaussage blieb RWE schuldig. Aktionäre befürchten eine spürbare Kürzung: Ein großer Einzelaktionär hat nach dpa-Informationen die künftigen Dividendeneinnahmen in seinen internen Kalkulationen bereits von bisher einem Euro auf 85 Cent pro Aktie reduziert. Wie RWE-Finanzchef Bernhard Günther in einer Video-Konferenz sagte, soll die Spanne für den bereinigten Nettogewinn für 2015 zwar weiter bei 1,1 bis 1,3 Milliarden Euro liegen. RWE schränkte allerdings ein, dass die Vorgabe eventuell nur knapp erreicht werde. 2014 hatte der Konzern an dieser Stelle noch 2,3 Milliarden Gewinn ausgewiesen. An der Börse gingen RWE-Aktien auf Talfahrt. Bis zum Mittag verloren sie mehr als acht Prozent an Wert und erreichten damit den tiefsten Stand seit Anfang Oktober.

Immer schlechter läuft es vor allem in der Erzeugungssparte. Wegen des Ökostrom-Booms haben sich die Preise an der Leipziger Strombörse EEX in den vergangenen vier Jahren halbiert. Das ließ bei RWE den Gewinn der konventionellen Kraftwerke um mehr als die Hälfte einbrechen. Weitere Belastungen sind wahrscheinlich. Finanzvorstand Günther deutete Abschreibungen für den Jahresabschluss an: «Das muss man schauen, wir sind derzeit im Planungsprozess.» Am Vortag hatte Konkurrent Eon wegen milliardenschwerer Wertberichtigungen einen Rekordverlust gemeldet.

Im britischen Geschäft war die Einführung eines neuen Computersystems für die Abrechnung von RWE-Privatkunden missglückt. 200 000 britische Kunden verließen in den ersten neun Monaten die RWE-Tochter Npower, die Folge waren dort rote Zahlen. Das sei keine gute Visitenkarte für RWE, räumte Vorstandschef Peter Terium im Zwischenbericht ein. Wichtige Manager bei Npower hat RWE inzwischen ausgetauscht. «Wir wollen bis Jahresende ein genaues Bild über die Aufräumarbeiten haben», sagte Günther.

Eine Aufspaltung nach dem Vorbild des Konkurrenten Eon behält RWE angesichts der wegbrechenden Gewinne als Option im Blick. «Damit muss man sich ernsthaft befassen», sagte Finanzvorstand Bernhard Günther. Nach jetzigem Stand bleibt es aber bei der Strategie, den Konzern als Ganzes zu erhalten.

Dass der Gewinn nicht noch stärker gesunken ist, verdankt RWE deutlichen Zuwächsen in der Ökostrom-Sparte. Dass der Konzern unter dem Strich auf einen Gewinnanstieg von 95 Prozent auf knapp zwei Milliarden Euro kam, liegt aber allein am Sonderbeitrag aus dem milliardenschweren Verkauf der Öl- und Gasfördertochter Dea im ersten Quartal. Das ließ die Schulden in den ersten neun Monaten um gut fünf Milliarden Euro auf 25,8 Milliarden Euro sinken.

Konzernweit sackte das betriebliche Ergebnis in diesem Zeitraum um knapp neun Prozent auf 2,6 Milliarden Euro ab. Zudem belastete eine hohe Steuerquote. Das ließ den um Sondereffekte bereinigten Nettogewinn um fast 29 Prozent auf 545 Millionen Euro sinken. Die RWE-Aktien haben in diesem Jahr mehr als die Hälfte an Wert verloren, im September lag der Wertverlust sogar bei zwei Drittel.

Zuletzt hatte der Konzern wieder etwas Rückendeckung aus Berlin bekommen. So bescheinigte ein Gutachten der Bundesregierung den vier deutschen Atomkonzernen, ausreichend Rückstellungen für die Kosten des Atomausstiegs gebildet zu haben. Damit drohen hier zumindest kurzfristig keine Belastungen. Zudem verzichtet das Bundeswirtschaftsministerium auf die geplante Klimaabgabe für alte Kohlekraftwerke. Stattdessen erhält der Konzern für das Abschalten einiger Braunkohlemeiler nun Entschädigungen.

dpa