Amtschef Weise: Dreimonatige Asylverfahren im nächsten Jahr

Frank-Jürgen Weise: «Wenn der Flüchtlingszugang so weitergeht, reichen auch die angepeilten 7300 Stellen beim BAMF nicht aus.» Foto: Peter Endig
Frank-Jürgen Weise: «Wenn der Flüchtlingszugang so weitergeht, reichen auch die angepeilten 7300 Stellen beim BAMF nicht aus.» Foto: Peter Endig

Deutlich schnellere Asylverfahren und mehr Klarheit, wie viele Flüchtlinge tatsächlich im Land sind: Der Chef des zuständigen Bundesamts hat sich für 2016 viel vorgenommen. Sollte der Zustrom jedoch gleich groß bleiben, könnte es erneut Probleme geben. Der Chef des Bundesflüchtlingsamts, Frank-Jürgen Weise, zeigt sich zuversichtlich, im kommenden Jahr das Ziel der Bundesregierung bei der Beschleunigung der Asylverfahren zu erreichen.

«Im Schnitt des Jahres 2016 werden wir bei einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von drei Monaten sein», sagte der Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit sind es noch rund fünf Monate. Weise betonte zugleich, dies sei nur die halbe Wahrheit. «Wir müssen heute feststellen, dass die Flüchtlinge oft viel früher im Land sind, aber diese Zeit wird nicht gerechnet.» Im kommenden Jahr erwartet Weise deutliche Fortschritte bei der Zahl der Entscheidungen - allerdings bei bleibenden Rahmenbedingungen. Komme erneut eine Million Menschen, würde wahrscheinlich wieder ein Rückstand entstehen, sagte er. «Wenn der Flüchtlingszugang so weitergeht, reichen auch die angepeilten 7300 Stellen beim BAMF nicht aus.» Es sei aber noch zu früh, schon jetzt weitere Personalforderungen zu stellen. Verlängern werde sich die Bearbeitungsdauer voraussichtlich auch, wenn die gesetzlichen Auflagen noch weiter geändert werden.

Die Innenminister hatten zuletzt etwa beschlossen, dass es auch für syrische Flüchtlinge wieder eine komplette Anhörung geben muss. Bisher reichte für sie ein Fragebogen-Verfahren, weil die meisten Syrer in Deutschland bleiben können. Zur Anhörung gehört auch die Bestellung eines Dolmetschers und die gesamte Dokumentation. Die Belastung sei hoch, gab Weise zu. Doch seine Mitarbeiter versuchten, das Verfahren zu ändern, ohne es zu verlängern. «Wir werden dann wieder transparent machen: Was läuft, und was läuft nicht.»

Mit Hilfe des neuen Flüchtlingsausweises - «Ankunftsnachweis» genannt - will Weise unter anderem Transparenz darüber schaffen, wie lange die Asylbewerber auf ihre Anhörung warten. Dies wird bisher nicht erfasst. Bundestag und Bundesrat sollen die Einführung des Ausweises im Januar beschließen. Bis zum Sommer soll er dann flächendeckend eingeführt sein. «Dann wird die Dimension des Problems noch einmal klar sichtbar», sagte Weise.

Es werde dann sicher wieder Politiker geben, die sich das zum Tagesthema machten. «Ich mache mir das zum Jahresthema und sage: Wir machen es besser», erklärt er. Denn Transparenz sei hier das oberste Gebot. «Was du nicht zählen kannst, kannst du nicht steuern.»

Weise verspricht sich mit dem Ausweis auch verlässlichere Zahlen über die Flüchtlinge, die tatsächlich im Land sind - auch wenn Sie noch keinen Antrag gestellt haben. Denn Schätzungen zufolge reisen rund 20 Prozent der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge in andere europäische Länder weiter. Zudem ist bislang unbekannt, wie viele Asylbewerber doppelt erfasst werden und wie viele gar nicht. Mit der Ankunftskarte seien diese Probleme gelöst, sagte Weise.

Den derzeitigen Berg von rund 356 000 noch nicht entschiedenen Anträgen will die Bundesbehörde im Lauf des nächsten Jahres abgebaut haben. Ende 2016 soll das BAMF 7300 Mitarbeiter haben - doppelt so viele wie derzeit. «Personal ist der dominierende Engpass. Ganz eng verbunden mit der Informationstechnologie und den Arbeitsprozessen», erläuterte Weise. «Mitte des Jahres werden wir die Leute an Bord haben», versicherte er. Bis dahin muss sich der Behördenchef vermutlich jedoch auf weiteren Gegenwind einstellen.

dpa