Kinderkanal greift erstmals nach Marktführerschaft

Michael Stumpf, Programmgeschäftsführer des Kinderkanals (KiKA), blickt auf ein besonders erfolgreiches Jahr zurück. Foto: Marc Tirl
Michael Stumpf, Programmgeschäftsführer des Kinderkanals (KiKA), blickt auf ein besonders erfolgreiches Jahr zurück. Foto: Marc Tirl

Kinderarmut, Flüchtlingskrise und Flugzeug-absturz: Der KiKA hat in diesem Jahr viele ernste Nachrichten für sein junges Publikum aufgegriffen und sich damit an die Spitze des Marktes gesetzt. Der Kinderkanal von ARD und ZDF (KiKA) wird voraussichtlich erstmals in seiner fast 19-jährigen Sendergeschichte die Marktführerschaft im deutschen Kinder-fernsehen übernehmen.

Trotz gestiegener Konkurrenz durch den seit Anfang 2014 frei empfangbaren Disney Channel blicke der Sender auf sein bisher erfolgreichstes Jahr, sagte der KiKA-Programmgeschäftsführer Michael Stumpf im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.

KiKA habe nicht nur mit Spaß und Serien, sondern vor allem mit nachrichtlichen Themen punkten können.

Frage: Bislang stand der Kölner Privatsender Super RTL immer an der Spitze. Wie sieht der Markt jetzt aus? Antwort: Der Markt hat sich sehr verändert. Es ist nicht nur die Schwächung der anderen Privatsender durch einen weiteren Mitbewerber, die uns eher stärkt, sondern wir haben bei Wissensvermittlung und Information ein Alleinstellungsmerkmal. Von Januar bis Mitte Dezember kommen wir bei den 3- bis 13-Jährigen in unserer Sendezeit von 6.00 bis 21.00 Uhr auf einen Marktanteil von 19,2 Prozent. Super RTL liegt demnach bei 18,7 Prozent, Nickelodeon erreicht 9,3 Prozent und der Disney Channel 9,0 Prozent. Das ist eine extrem erfolgreiche Bilanz für uns.

Frage: Wo sehen Sie die Gründe für diesen Erfolg?

Antwort: Der Erfolg hat viele Facetten. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren unser Profil gestärkt, neue Formate entwickelt und unsere programmlichen Rituale und Kernmarken gepflegt. Und wir sind journalistisch extrem gut aufgestellt. Wir reagieren auf tagesaktuelle Ereignisse wie auf den Absturz der Germanwings-Maschine oder auf die Flüchtlingskrise. Ich sehe das bei keinem anderen Kindersender so umfassend. Wir greifen von Kinderarmut bis Terror in Paris Themen auf, die sonst keiner anfasst.

Frage: Aber macht das Kindern nicht eher Angst? 

Antwort: Das sind schwierige, auch Angst besetze Themen, das ist richtig. Von der Nachrichtenlage her war das für Kinder emotional ein hartes Jahr. Wichtig ist, die Kinder nicht abzuschrecken, ihren Fragen und Ängsten zuzuhören und Antworten zu geben, so dass sie alles einordnen können. Wir sehen es als ganz wichtigen Auftrag an, uns damit zu befassen und sind damit weit weg vom Nischensender.

Frage: Wie hat sich der KiKA strategisch ausgerichtet? 

Antwort: Wir wollen mit den Zuschauern mehr ins Gespräch kommen, transparenter werden. Dazu haben wir unter anderem ein Webtalk-Format etabliert, in dem wir mit Kindern live im Netz über aktuelle Ereignisse diskutieren. Positive Erfahrungen machen wir außerdem mit unserem neuen Mitmach-Medienmagazin für Grundschüler, «Timster». Bei der Vermittlung von Medienkompetenz wollen wir uns noch breiter aufstellen.

Frage: Was ist 2016 im Programm zu erwarten?

Antwort: Wir werden unsere Erfolgsformate weiterführen. Es gibt wieder den Wettbewerb für Nachwuchskomponisten «Dein Song» Anfang des Jahres, das Schülerquiz «Die beste Klasse Deutschlands» und die Mitmachaktion «KiKA kommt zu dir!». Inhaltlich wollen wir rund um den Weltkindertag im September den Schwerpunkt Umwelt setzen. Natürlich gibt es auch viele neue Filme und Serien im Programm. Im März hat beispielsweise die deutsch-kanadische Serie «Annedroids» Premiere, die reale Schauplätze mit Computeranimation verbindet.

Frage: Wie gelingt es KiKA jetzt, auch ältere Kinder als Zuschauer zu halten?

Antwort: Wir stehen bei den 10- bis 13-Jährigen jetzt besser da, als viele Jahre zuvor. Wir haben es durch gezielte Formatentwicklungen geschafft, dass wir jeden Zehnten in der Altersgruppe erreichen. Je älter die Kinder werden, desto weniger Bindung gibt es aber an einen Sender. Sie orientieren sich stärker an Formaten.

Frage: In der Vergangenheit gab es immer wieder Forderungen nach einer Verlängerung der Sendezeit. Ist das aktuell ein Thema?

Antwort: Wir verlängern uns ins Netz, da gibt es keinen Sendeschluss.

Zur Person: Michael Stumpf ist seit August 2013 Programmgeschäftsführer beim Kinderkanal von ARD und ZDF. Zuvor hatte er unter anderem das Online-Team der Kinder- und Jugendredaktion beim ZDF geleitet. Der 43-Jährige studierte Anglistik, Betriebswirtschaft und Kommunikationswissenschaften.

dpa