Bildungsgewerkschaft setzt auf Kraftakt für Bildungskinder

Jugendliche Flüchtlinge aus Eritrea in einer Flüchtlingsunterkunft in Gießen. Foto: Boris Roessler/Archiv
Jugendliche Flüchtlinge aus Eritrea in einer Flüchtlingsunterkunft in Gießen. Foto: Boris Roessler/Archiv

Gut 8000 neue Lehrer pro 100 000 Flüchtlingskinder - diese Faustformel der Gewerkschaft GEW macht deutlich, wie groß der Kraftakt für die Bildungsintegration nächstes Jahr wird. Vor allem die Bundesländer müssen diese Herausforderung stemmen. Angesichts Hunderttausender Flüchtlingskinder an deutschen Schulen hat die Bildungsgewerkschaft GEW die Länder zu einem Kraftakt für die Einstellung und Fortbildung von Lehrern aufgerufen.

«Unsere Formel lautet: Auf 100 000 neue Schüler braucht man 8250 neue Lehrer», sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Experten gehen allein für 2015 von mehr als 300 000 Flüchtlingskindern aus, die in die Schulen kommen. Die Kultusministerkonferenz der 16 Bundesländer (KMK) müsse sich jetzt neu verständigen, wie viele Lehrerausbildungsplätze sie bereitstellen wolle und in welchen Ländern. Die Frage laute: «Wie viele Lehrkräfte brauchen wir in Deutschland, wie viele Ausbildungsplätze an den Universitäten und wie viele Stellen im Vorbereitungsdienst müssen wir vorhalten?» Zudem gelte es, sich bei der Lehrerfortbildung über den Umgang mit Migrantenkindern noch stärker austauschen, forderte Tepe.

Auch Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe, Sprecher der SPD-Länder in der KMK, drückt beim Schulunterricht für Flüchtlingskinder aufs Tempo. Alle 16 Bundesländer müssten «so schnell wie möglich die entsprechenden Angebote auf den Weg bringen. Es macht in der jetzigen Lage wenig Sinn, so zu tun, als ob wir von Grund auf und Schritt für Schritt und sehr langsam Konzepte erarbeiten und grundsätzliche Klärungen vornehmen könnten», sagte er der dpa. «Die Flüchtlinge sind da, und jeder Tag ohne Schulangebot ist ein verlorener Tag. Ich möchte auch, dass diese Kinder sofort Tag für Tag Schule als einen selbstverständlichen Teil Deutschlands begreifen.»

Rabe rechnet damit, dass allein für vernünftige Schulangebote für die jetzt angekommenen Flüchtlinge mittelfristig im Jahresdurchschnitt über zwei Milliarden Euro von der Länderseite aufgewendet werden müssen. «Das erhöht sich, wenn nächstes Jahr noch mehr Flüchtlingskinder dazukommen.» Die KMK sieht wie die GEW einen Bedarf bis zu 25 000 zusätzlichen Lehrkräften in Deutschland.

Die neue KMK-Präsidentin, Bremens Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD), sagte der dpa, alle 16 Bundesländer müssten Sprachförderung «in den Mittelpunkt von Schule und Bildungsbemühungen stellen. Und nicht nur in Form von Willkommensklassen oder Vorkursen, wo gezielt Sprachförderung gemacht wird, sondern als kontinuierliche weitere Aufgabe.» Wegen der vielen Flüchtlingskinder in den Schulen müsse es das Bestreben der Länder sein, «neue Wege in das Lehramt zu schaffen - wie Seiteneinstiege für Leute, die sich nicht von Anfang an für eine Lehramtsausbildung entschieden haben», so Bogedan.

dpa