China schockiert die Weltbörsen - Wie weit geht's noch runter?

Erneut musste Chinas Börsenhandel ausgesetzt werden. Foto: Long Wei China
Erneut musste Chinas Börsenhandel ausgesetzt werden. Foto: Long Wei China

China ist die Achillesferse des deutschen Aktienmarktes. Denn die beiden Länder sind wirtschaftlich eng verwoben. Was deutsche Anleger nach den Kurseinbrüchen zu Jahresbeginn wissen müssen. China erlebt nun schon den zweiten Börsencrash in einer Woche. Wie ernst die Lage ist, zeigen nicht zuletzt die Kursverluste am Tausende Kilometer entfernten deutschen Aktienmarkt. Warum alles so kam und wie es nun weitergehen könnte.

Warum ging es an Chinas Börsen bergab?

Kurzfristiger Auslöser war die Veröffentlichung schlechter Daten zur Stimmung in Chinas Wirtschaft. «Die Wachstumsaussichten für China haben sich eindeutig eingetrübt», sagt Hao Zhou, Analyst bei der Commerzbank. Schon lange bereitet die stotternde Konjunkturlokomotive China den Anlegern Kopfschmerzen. Die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten sind vorbei - die Regierung selbst geht noch von einem Zuwachs um 6,8 Prozent aus. Viele Experten halten allerdings selbst das für viel zu optimistisch.

Warum zieht das Börsenbeben in China den deutschen Markt mit runter?

China ist für die stark exportorientierten Unternehmen in Deutschland ein wichtiger Absatzmarkt. Dementsprechend groß ist die Sorge, dass Chinas Wirtschaft eine harte Landung hinlegt. Dabei haben die Anleger in Frankfurt ohnehin schon genügend Probleme: von der Furcht vor schnell steigenden Zinsen in den USA über die Spannungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran bis jüngst zur Eskalation des Atomstreits mit Nordkorea.

Wie geht es weiter mit dem Dax?

Die China-Turbulenzen gleich zu Jahresbeginn sind ein schlechtes Omen: Experten rechnen in diesem Jahr mit starken Schwankungen bei den Kursen. Sie vermuten aber, dass der Dax spätestens zum Jahresende wieder den Sprung über die Marke von 10 000 Punkten schafft. Denn ein Ende der Billiggeld-Flut insbesondere der Europäischen Zentralbank (EZB) ist nicht in Sicht. Und das wiederum begünstigt Aktien. Zudem nimmt die Wirtschaft in der Eurozone Fahrt auf - so ist die Arbeitslosenquote im November auf den niedrigsten Stand seit mehr als vier Jahren gefallen.

Welche Branchen dürften am meisten unter den Turbulenzen leiden?

Besonders wichtig ist der chinesische Markt für die deutschen Autobauer. Vor allem Volkswagen und die Premiumtochter Audi hängen stark am China-Geschäft. Entsprechend lagen die Aktien von VW, BMW und Daimler am Donnerstag am Dax-Ende mit Verlusten von je fast 5 Prozent. Auch die Zulieferer traf es teils hart.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Crash und US-Zinswende?

Das ist zumindest denkbar. Im Dezember hatte die US-Notenbank Fed erstmals seit der Finanzkrise die Zinsen von der Nulllinie angehoben. Einige Experten hatten vor einer Kapitalflucht aus den Schwellenländern gewarnt, denn höhere Zinsen in den USA machen die Geldanlage andernorts weniger attraktiv. Tatsächlich stürzte Chinas Währung Yuan (Renminbi) am Donnerstag auf den niedrigsten Stand seit fast fünf Jahren ab.

Welche Verantwortung trägt die chinesische Führung für die Turbulenzen?

Viele Experten sehen eine Mitverantwortung. Seit Jahresbeginn gilt in China eine neue Regelung, nach der bei starken Kurseinbrüchen der Handel vorübergehend ausgesetzt oder sogar ganz eingestellt wird - eigentlich eine Notfallmaßnahme, die aber die Anleger möglicherweise zusätzlich verunsichert. Mit massiven Aktienkäufen über staatlich kontrollierte Fonds haben die Behörden seit Montag zudem versucht, den Kursverfall aufzuhalten. «Es besteht das Risiko für die chinesische Administration, dass sie das Vertrauen, das ihr bislang für die zahlreichen Reformschritte und die Öffnung des Landes entgegengebracht wurde, verspielt», sagt Dirk Gojny, Analyst bei der National-Bank.

Was tut China jetzt, um Herr der Lage zu werden?

Die chinesische Börsenaufsicht kam am Donnerstag zu einem Krisentreffen zusammen. Medienberichten zufolge traf sie dabei allerdings keine konkreten Entscheidungen. Offenbar gibt es aber Überlegungen, ein Verkaufsverbot für einige Großinvestoren zu verlängern, das eigentlich an diesem Freitag auslaufen sollte. Das Verbot gilt seit einem halben Jahr. Damit hatten die chinesischen Behörden auf erste Marktturbulenzen im Sommer reagiert. Zuvor waren die Kurse in China über Monate massiv gestiegen. Auch Millionen Privatanleger wollten ihr Stück vom Kuchen abhaben - und kauften notfalls auf Pump. Das rächt sich nun.

dpa