Kölner Übergriffe: Warnung vor Beschädigung des Rechtsstaats

Momentaufnahme vom Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs in der Silvesternacht. Foto: Markus Böhm
Momentaufnahme vom Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs in der Silvesternacht. Foto: Markus Böhm

Ist die Polizei noch in der Lage, den öffentlichen Raum in Deutschland zu schützen? Nach den Angriffen auf Frauen in Köln an Silvester hat mancher Bürger Zweifel. Und mancher Politiker sorgt sich, wie es um das Ansehen des Rechtsstaats bestellt ist. Nach den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und der Hilflosigkeit der Polizei dabei wächst die Sorge, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat Schaden nehmen könnte.

 

«Falsche Rücksichtnahmen und mangelhafte Ausstattung rauben dem Staat seine Durchsetzungsfähigkeit», sagte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner der Deutschen Presse-Agentur. «An vielen Stellen hat Deutschland keine Probleme der Gesetzgebung, sondern des Vollzugs von Gesetzen.»

Wenn das sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einräume, «dann droht eine Vertrauenskrise», sagte der FDP-Chef und bekräftigte: «Die Menschen müssen sich in jeder Ecke unseres Landes auf die öffentliche Ordnung verlassen können. Wer rechtsfreie Räume toleriert, der leistet der Freiheit einen schlechten Dienst.» In Köln hatten sich in der Silvesternacht nach Polizeiangaben kleinere Gruppen aus einer Menge von rund 1000 Männern gelöst, die vor allem Frauen umzingelt, begrapscht und bestohlen haben sollen. Zahlreiche Opfer und Zeugen sprachen von Tätern nordafrikanischer oder arabischer Herkunft.

Die Zahl der Strafanzeigen nach den Geschehnissen erhöhte sich drastisch auf 379, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Zuletzt war sie mit rund 170 angegeben worden.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Saarlands Ressortchef Klaus Bouillon, warnte, eine Wiederholung dieser Vorgänge hätte schwerwiegende Folgen. «Wenn noch einmal so ein Vorfall vorkommt, bin ich sicher, dann ist das Vertrauen in unseren Rechtsstaat ernsthaft erschüttert», sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. «Und dann gewinnen diejenigen die Oberhand, die permanent die Ängste schüren.»

Als Reaktion auf die Kölner Angriffe auf Frauen zeichnet sich eine Verschärfung der Asylgesetze ab. «Das, was in der Silvesternacht passiert ist, das sind widerwärtige kriminelle Taten, die auch nach entschiedenen Antworten verlangen», sagte die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel am Samstag nach einer Klausur der Parteispitze in Mainz. Änderungen seien «im Interesse der Bürger, aber genauso im Interesse der großen Mehrheit der Flüchtlinge».

Merkel erklärte, das Recht auf Asylverfahren könne verwirkt werden, wenn Strafen ausgesprochen würden - auch schon auf Bewährung. Die CDU-Spitze beschloss dazu eine «Mainzer Erklärung». Darin geht es unter anderem um ein härteres Vorgehen gegen kriminell gewordene Ausländer und die Einführung der «Schleierfahndung», also verdachtsunabhängige Personenkontrollen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich offen für ein schärferes Vorgehen gegen straffällige Migranten. «Ich werde jetzt gemeinsam mit dem Innenminister noch einmal prüfen, ob unsere Möglichkeiten ausreichen, um Kriminelle zurückzuschicken», sagte er der «Bild am Sonntag». «Wenn nicht, werden wir Vorschläge machen. Gerade zum Schutz der vielen Flüchtlinge, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, müssen wir alle Straftäter konsequent zur Rechenschaft ziehen. Niemand darf sich bei uns über Recht und Gesetz stellen.»

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) kritisierte dagegen die CDU-Forderungen nach einem härteren Vorgehen gegen kriminelle Ausländer als Symbolpolitik. «Unsere aktuellen Gesetze sind in den meisten Fällen vollkommen ausreichend - sie müssen nur konsequent umgesetzt werden», teilte er am Samstag mit. «Pauschale Rufe nach Strafverschärfungen und symbolische Gesetzgebung helfen nur bedingt weiter.»

Kritik kommt auch von den Grünen. «Diese Schnellschüsse sind unaufrichtig und schüren weiter Ressentiments und rechte Hetze gegen Flüchtlinge», sagte die Bundesvorsitzende Simone Peter der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung».

dpa