Mindestens acht deutsche Opfer - Täter wohl vom IS

Nach der Explosion sichern Polzisten den Stadtteil Sultanahmet. Foto: Matthew Aslett
Nach der Explosion sichern Polzisten den Stadtteil Sultanahmet. Foto: Matthew Aslett

Sie kamen aus dem ganzen Bundesgebiet und hatten eine Drei-Länder-Erlebnisreise gebucht. Doch im historischen Zentrum Istanbuls traf der IS-Terror die deutschen Reisegruppe. Ein «mörderischer Akt», sagte Kanzlerin Merkel. Zwei Monate nach den Attentaten von Paris hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bei einem Selbstmordanschlag in Istanbul mindestens acht Deutsche getötet. Neun weitere Bundesbürger wurden zum Teil schwer verletzt.

 

Der 1988 geborene Angreifer sprengte sich mitten in einer deutschen Reisegruppe in der Umgebung der Hagia Sophia und der Blauen Moschee in die Luft. Neben dem Attentäter starben im historischen Zentrum der Stadt zehn Menschen, 15 weitere wurden verletzt.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan machte in Ankara einen «Selbstmordattentäter syrischer Herkunft» für die Tat verantwortlich. Die Nachrichtenagentur DHA berichtete dagegen, der Angreifer stamme aus Saudi-Arabien und sei kürzlich aus Syrien in die Türkei eingereist. Der Terroranschlag rief weltweit Trauer und Entsetzen hervor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den Anschlag als «mörderischen Akt»: «Die Terroristen sind Feinde aller freien Menschen, ja, sie sind Feinde aller Menschlichkeit», sagte sie am Dienstagabend in Berlin. Die Kanzlerin betonte: «Genau diese Freiheit und unsere Entschlossenheit, gemeinsam mit unseren internationalen Partnern, gegen diese Terroristen vorzugehen, werden sich aber durchsetzen.» Möglicherweise könne es noch weitere Todesopfer geben.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von «Stunden der Trauer, der Wut und des Entsetzens». «Seit vielen Jahren hat uns Deutsche der Terror nicht mehr so schwer getroffen wie heute in Istanbul», sagte Steinmeier. Bundesinnenminister Thomas de Maizière wollte am Mittwoch nach Istanbul reisen und sich ein Bild von der Lage machen.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sprach Merkel sein Beileid und Bedauern aus. In Ankara sagte er, alle Todesopfer seien Ausländer gewesen. Zwei Leichen waren am Abend noch nicht identifiziert, wie das peruanische Außenministerium unter Berufung auf die türkische Polizei berichtete. Das Ministerium in Lima relativierte damit frühere Angaben, wonach ein Todesopfer aus Peru gekommen sei.

Unter den acht deutschen Opfern sind mehrere Touristen eines Berliner Reiseunternehmens. «Die schrecklichen Ereignisse des heutigen Tages machen uns tief betroffen», sagte der Geschäftsführer der Lebenslust Touristik GmbH Berlin, Marco Scherer. Die Deutschen waren nach Angaben des Sprechers des Reiseunternehmens, Ingo Leßmann von der sk-medienconsult, auf einer Drei-Länder-Erlebnisreise und kamen aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Reisegruppe sollte von Istanbul über Dubai nach Abu Dhabi reisen

Insgesamt zählte die Gruppe laut Leßmann 33 Menschen. Ein Teil von ihnen habe an einem Gruppenbesuch der Wahrzeichen Istanbuls teilgenommen. Auf dieser Tour lag auch der Anschlagsort. Andere Urlauber hätten ein individuelles Programm absolviert.

Bundespräsident Joachim Gauck reagierte bestürzt: «Wieder wurden bei einem hinterhältigen terroristischen Anschlag unschuldige Menschen ermordet, darunter viele Deutsche.» UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, es handele sich um ein «verachtenswertes Verbrechen». Den Angehörigen der Opfer sprach er sein Beileid aus und forderte, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Die USA betonten, sie stünden weiter fest an der Seite der Türkei. «Dieser abscheuliche Angriff in Istanbuls historischem Herzen hat Türken und ausländische Touristen gleichermaßen getroffen», erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates Ned Price in Washington. Frankreichs Präsident François Hollande sprach von einem «abscheulichen Terroranschlag». «Dieser Akt schändlicher Gewalt muss mehr denn je unsere gemeinsame Entschlossenheit stärken, den Terrorismus zu bekämpfen.» Frankreich war im vergangenen Jahr von einer Serie von Terroranschlägen und versuchten Attacken betroffen.

Das Auswärtige Amt in Berlin richtete einen Krisenstab ein. Die türkische Regierung verhängte eine Nachrichtensperre. Zur Begründung teilte die Medienaufsicht RTÜK mit, ein solcher Schritt sei laut Gesetz möglich, wenn er der «nationalen Sicherheit» diene. Eine dpa-Reporterin wurde von Polizisten daran gehindert, in der Umgebung des Anschlagsortes Fotos zu machen. Die Reporterin berichtete vor Ort von zahlreichen Polizisten sowie Rettungskräften.

Der IS hatte im vergangenen Jahr mehrere Anschläge in der Türkei verübt, sich dabei aber vornehmlich auf kurdische Ziele konzentriert. Touristen waren bislang kein Anschlagsziel des IS.

Eine Reporterin von CNN Türk berichtete von schockierten Touristen, die nach der Explosion auf dem Pflaster gesessen hätten. Augenzeugen hätten gesagt, sie hätten einen Feuerball aufsteigen gesehen. Zu der Detonation sei es an dem ägyptischen Obelisken gekommen, der in der Nähe der Hagia Sophia, der Blauen Moschee und des Deutschen Brunnens steht. Die Explosion um 10.15 Uhr (Ortszeit/09.15 MEZ) war noch in einigen Kilometern Entfernung zu hören.

dpa