Ölpreis-Crash immer heftiger - Kein Ende in Sicht

Ölfeld in Libyen: Rohöl unterliegt seit jeher großen Preisschwankungen, die über einen längeren Zeitraum nicht vorhersehbar sind. Foto: Wintershall
Ölfeld in Libyen: Rohöl unterliegt seit jeher großen Preisschwankungen, die über einen längeren Zeitraum nicht vorhersehbar sind. Foto: Wintershall

Öl ist so billig wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Die Verbraucher profitieren in Milliardenhöhe. Der Preistrend nach unten könnte zumindest bis Ostern anhalten. Die Verbraucher in Deutschland haben im vergangenen Jahr mehr als 13 Milliarden Euro gespart, weil die Ölpreise so stark gefallen sind.

Zum Jahresbeginn gaben die Preise nochmals um 20 Prozent nach. Öl kostet nur noch ein Viertel von dem, was vor vier Jahren zu bezahlen war.

Ist der Preisrutsch eine nachhaltige Entwicklung oder geht es mit den Ölpreisen bald wieder aufwärts?

Rohöl unterliegt seit jeher großen Preisschwankungen, die über einen längeren Zeitraum nicht vorhersehbar sind. Von 2011 bis 2014 ließ eine Hochpreisphase mit Preisen von mehr als 100 Dollar je Barrel (159 Liter) die Kassen der Ölproduzenten klingeln, die daraufhin kräftig in die Ausweitung der Kapazitäten investierten. Nun fließt das Öl. Beim aktuellen Preis von 30 Dollar je Barrel werden dagegen Investitionen gestrichen oder verschoben. Deshalb wird das Angebot knapper - aber erst in einigen Jahren. Dann bleibt Öl erst einmal billig?

Das vermuten fast alle Marktbeobachter aus dem Finanzsektor und bei internationalen Institutionen. Die kurzfristigen Faktoren, die zu den niedrigen Preisen geführt haben, sind alle unverändert wirksam. Dazu zählen die hohe Produktion in den USA aus Schieferöl, die fehlende Reaktion der Opec, die weiter auf hohem Niveau fördert, und die schwächelnde weltweite Nachfrage. Ärmere Ölländer wie Venezuela fördern Öl auf Teufel kaum raus, um Geld in ihre Staatskassen zu bekommen. Das gilt auch für Russland, das drittgrößte Förderland nach den USA und Saudi-Arabien.

Und wo liegt die Untergrenze für den Ölpreis?

Rein theoretisch gibt es keine Untergrenze. Manche Analysten sprechen schon von Ölpreisen von 20 Dollar, andere von 10 Dollar, so wie in den 90er Jahren. Jeden Tag werden mindestens eine Million Barrel mehr Öl produziert als verbraucht. Die Lager sind voll; in den USA liegen die Bestände um 25 Prozent über dem gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Das erste Quartal eines Jahres ist eher verbrauchsschwach, falls nicht ein harter Winter den Energieverbrauch nach oben treibt. Das ändert sich nach Ostern, wenn mehr Menschen in den Urlaub fahren oder Urlaub machen. Der Preis kann sogar auf Null fallen, wenn die Lager die Ölmengen nicht mehr aufnehmen können. Dieses Phänomen ist zum Beispiel bei überschüssigen Strommengen zu beobachten.

Dann kann ich mit dem Kauf von Heizöl noch warten?

Heizöl kostet gegenwärtig rund 40 Euro für 100 Liter (bei Abnahme von 3000 Litern, inkl. MwSt.). Solche Preise gab es zuletzt 2004. Viele Kunden nutzen das Preistief, um sich günstig mit Brennstoff einzudecken. Händler berichten von Lieferzeiten bis zu 30 Tagen. Wer schnell Heizöl braucht, muss teilweise heftige Aufschläge zahlen. Doch das muss noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. «Trotz der 12-jährigen Tiefpreise raten wir dem Verbraucher, mit dem großen Einbunkerungskauf noch abzuwarten - denn das iranische Öl wird auch noch kommen», heißt es auf der Internet-Seite des Messgeräteherstellers Tecson. «Mit großer Wahrscheinlichkeit wird das Ölembargo gegen Teheran kommende Woche aufgehoben; zweifelsohne wird das weiteren Preisdruck bringen.»

Wird denn nun auch das Gas zum Heizen billiger?

Längst nicht so stark wie das Öl. Der Gaspreis hat den Anstieg des Ölpreises nach 2009 nur in abgeschwächter Form mitgemacht und fällt jetzt auch nur wenig. Rund 200 von 700 Gasversorgern haben aktuell leichte Preissenkungen von rund fünf Prozent angekündigt. In den vergangenen Jahren war Öl als Brennstoff für die Haushalte um rund 20 Prozent teurer als Gas. Mittlerweile ist es umgekehrt. «Die Märkte für Gas und Öl haben sich deutlich entkoppelt», sagt Florian Krüger vom Verbraucherportal Verivox. Öl spielt noch eine Rolle, weil es in manchen Beschaffungsverträgen der Gasversorger als Bezugspunkt dient, aber die Zeiten der Bindung des Gaspreises an den Ölpreis sind vorbei.

Und an der Tankstelle?

Diesel kostet im bundesweiten Durchschnitt weniger als einen Euro je Liter, an manchen Tankstellen sogar weniger als 90 Cent. Superbenzin E10 liegt bei 1,20 Euro je Liter und damit um 50 Cent unter dem Stand vom Sommer 2012. Der Preisrückgang beim Benzin kann rechnerisch nicht so hoch sein wie beim Rohöl, weil rund 70 Prozent des Preises aus Steuern und Abgaben bestehen. Deshalb hat der Benzinpreis nach unten nicht mehr viel Luft, selbst wenn sich der Rohölpreis nochmals halbieren sollte. Auch dann wären nach unten noch höchsten zehn Cent Preisrückgang drin.

dpa