HWWI-Chef sieht deutsches Erfolgsmodell unter Druck

Die deutsche Wirtschaft steht im internationalen Vergleich relativ gut da. Doch wenn sie nicht ihr Erfolgsmodell erneuert, könnte sich das schnell ändern, warnt der Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts. Foto: Christian Charisius
Die deutsche Wirtschaft steht im internationalen Vergleich relativ gut da. Doch wenn sie nicht ihr Erfolgsmodell erneuert, könnte sich das schnell ändern, warnt der Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts. Foto: Christian Charisius

Die deutsche Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen, wenn sie künftig erfolgreich bleiben will. «Die heutigen Wettbewerbsvorteile gehen schnell verloren», sagte Prof. Henning Vöpel, der Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI). Das bisher erfolgreiche Modell einer technologieorientierten, mittelständischen Exportwirtschaft werde durch die umfassende Digitalisierung und die Alterung der Gesellschaft infrage gestellt.

«Noch ist Deutschland sehr wettbewerbsfähig, aber wir müssen die Wirtschaft in ihre digitale Zukunft transformieren, wenn das so bleiben soll», sagte Vöpel. 

Die Momentaufnahme des Erfolgs täusche über die mittelfristigen Bedrohungen des deutschen Wirtschaftsmodells hinweg. Die öffentlichen Investitionen in die digitale Infrastruktur und die privaten Investitionen der Unternehmen in Innovation seien zu gering. «In einer alternden Gesellschaft nimmt die Innovationsfähigkeit ab», erklärte der HWWI-Chef. Sie suche eher nach Bestandsschutz und Besitzstandswahrung. Ein warnendes Beispiel sei die japanische Gesellschaft, die trotz aller Bemühungen nicht aus ihrer Stagnation finde. «Alternde Gesellschaften erzeugen weniger Fortschritt», sagte Vöpel. Die digitale Revolution bedeute eine Neuvermessung der Welt und stelle hohe Anforderungen an die Veränderungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft.

Deutschland brauche einen Mentalitätswechsel, eine neue Gründerkultur, in der auch das Scheitern nicht mehr stigmatisiert sei, ähnlich wie in den USA. Eine Einwanderungspolitik, die sich um die besten Köpfe aus dem Ausland bemühe, könne dazu einen Beitrag leisten. Konkurrenten auf dem Weltmarkt seien nicht länger nur andere Industriestaaten, die teilweise die gleichen Probleme wie Deutschland hätten, sondern vor allem sich schnell modernisierende Länder in Asien.

dpa