Druck bei Krisenkonzern VW nimmt weiter zu 

Volkswagen Amarok auf dem Werksgelände von Volkswagen Nutzfahrzeuge in Hannover. Volkswagen wartet im Abgas-Skandal noch immer auf die Rückruf-Freigabe vom Kraftfahrt-Bundesamt. Foto: Sebastian Kahnert
Volkswagen Amarok auf dem Werksgelände von Volkswagen Nutzfahrzeuge in Hannover. Volkswagen wartet im Abgas-Skandal noch immer auf die Rückruf-Freigabe vom Kraftfahrt-Bundesamt. Foto: Sebastian Kahnert

Volkswagen kommt nicht zur Ruhe. Erneut gibt es handfesten Ärger zwischen dem einflussreichen Markenchef Diess und dem mächtigen Betriebsratslenker Osterloh. Kern des Streits ist das Sparprogramm für den Krisenkonzern. Auch die Politik erhöht den Druck. Die bei Volkswagen mächtige Arbeit-nehmerseite hat abermals öffentlich die Führungsqualitäten des neuen VW-Markenchefs Herbert Diess kritisiert.

Dabei ging VW-Betriebsboss Bernd Osterloh erneut auf Distanz zu dem Top-Manager, warf ihm Versäumnisse in der Kommunikation vor und verurteilte dessen Ziele als realitätsfern.

Damit wird ein Bruch zwischen Osterloh und Diess offensichtlicher. Derweil wächst auch hierzulande der politische Druck auf VW. So lässt Bundesverbraucherminister Heiko Maas (SPD) derzeit mehrere mögliche Neuregelungen als Lehren aus dem Abgas-Skandal überprüfen.

Osterloh sieht sich wiederholt von Diess ausgegrenzt und fürchtet daher um den Frieden in den Reihen der Mitarbeiter. «In Teilen funktioniert die Abstimmung mit uns als Betriebsrat schon nicht richtig. Wie soll dann die Belegschaft vernünftig im Boot sein? Da muss Dr. Diess definitiv seine Manager noch besser mitnehmen und entsprechend ausrichten», sagte Osterloh in einem Interview für die Belegschaft, das am Montag die IG Metall ins Internet stellte. Ein von Diess vorgeschlagenes 12-Punkte-Programm zur Zukunft der Pkw-Kernmarke schaffe «Unruhe», sagte Osterloh. Die VW-Kollegen seien wegen des Abgas-Skandals ohnehin «verunsichert». Doch Osterloh übte nicht nur Kritik an atmosphärischen Dingen. Auch zentrale Pläne des Managements wies er als abwegig zurück. Dazu zähle, die Produktivität noch 2016 um zehn Prozent zu verbessern - insbesondere im sogenannten indirekten Bereich jenseits der Fließbänder, also etwa in Forschung oder Verwaltung. «Mit uns ist das nicht vereinbart, schon deshalb, weil wir dieses Ziel für unrealistisch halten», wetterte Osterloh.

Volkswagen hatte auch als Folge der immensen Kosten der Abgas-Affäre seinen Sparkurs verschärft. Investitionen wurden bereits gekürzt. Die seit langem ertragsschwache Konzern-Kernmarke VW-Pkw rund um Golf und Passat soll profitabler werden. Der mächtige Betriebsrat hatte in den vergangenen Monaten wiederholt Kritik an der VW-Führung geäußert.

Der Konzern lehnte eine Stellungnahme zu den Osterloh-Vorwürfen ab. Der große Einfluss des VW-Betriebsrates ist historisch gewachsen. Die Keimzelle des Konzerns in Wolfsburg entstand unter den Nazis mit enteignetem Gewerkschaftsvermögen. Die Arbeitnehmerseite hat bis heute Sonderrechte, darunter Blockademöglichkeiten im Aufsichtsrat.

Auf politischer Ebene nimmt Bundesverbraucherminister Maas (SPD) indes als Konsequenz aus dem Skandal mehrere mögliche Reformen in den Blick. Technische Prüfdienste, die für einen Autohersteller tätig sind, sollten sich künftig in einer Rotation abwechseln, teilte ein Sprecher am Montag in Berlin mit. Die VW-Untersuchungskommission des Ministeriums habe zudem vorgeschlagen, staatliche Prüfstände für Emissions-Nachmessungen aufzubauen. Damit könnten nach Ansicht von Experten wirtschaftliche Abhängigkeiten zwischen Prüfinstituten und Herstellern vermieden werden.

Wie zudem das «Handelsblatt» zuerst berichtete, soll eine Schlichtungsstelle eingerichtet werden, um Beschwerden von Kunden bei Neuwagenkäufen außergerichtlich beizulegen. Bisher existiere eine solche Stelle im Automobilbereich nur für Gebrauchtwagenkäufe.

Zuletzt hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) branchenweit auch andere Hersteller gesondert überprüft. Die Ergebnisse sind noch nicht veröffentlicht. Doch Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte der «Welt am Sonntag» schon, die KBA-Prüfungen hätten für die Schwaben nichts Auffälliges ergeben. Zugleich bekräftigte Zetsche: «Bei uns wird nicht betrogen, bei uns wurden keine Abgaswerte manipuliert.»

Indes gerät der Starttermin für die Rückrufe der manipulierten Diesel hierzulande unter Zeitdruck. VW will Ende dieser Woche die ersten Wagen in die Werkstatt rufen. Doch die nötigen Postadressen der Halter hatte das KBA zumindest am Montag noch nicht freigegeben.

dpa