Volkswirte: Arbeitslosigkeit steigt erst in zweiter Jahreshälfte

Noch vor einigen Monaten sahen die Prognosen noch deutlich düsterer aus - die gute Konjunktur sorgt inzwischen bei Arbeitsmarktexperten wieder für etwas mehr Zuversicht. Foto: Julian Stratenschulte/Archiv
Noch vor einigen Monaten sahen die Prognosen noch deutlich düsterer aus - die gute Konjunktur sorgt inzwischen bei Arbeitsmarktexperten wieder für etwas mehr Zuversicht. Foto: Julian Stratenschulte/Archiv

Trotz wachsender Weltmarkt-Risiken und steigender Flüchtlingszahlen rechnen Volkswirte vorerst nicht mit stärker steigenden Arbeitslosenzahlen in Deutschland.

Bis zum Sommer werde die Zahl der Erwerbslosen saisonbereinigt sogar weiter sinken. Erst dann müsse man in Deutschland wegen der wachsenden Zahl arbeitsloser Flüchtlinge mit einem leichten Anstieg der Erwerbslosen rechnen, prognostizierten Volkswirte deutscher Großbanken in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die Volkswirte korrigierten damit ihre in den vergangenen Monaten etwas pessimistischeren Prognosen leicht.

Wegen des anhaltenden Jobaufschwungs wird nach Einschätzung der Experten die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt 2016 allenfalls leicht steigen. Bayern-LB-Volkswirt Stefan Kipar geht sogar von sinkenden Jahresdurchschnittszahlen aus, Eckart Tuchtfeld von der Commerzbank von einer gleichbleibenden Arbeitslosigkeit. Kipar verweist dabei auf die anhaltend gute wirtschaftliche Lage: «Die deutsche Konjunktur ist eine Konsumstory. Und mit dem niedrigen Ölpreis ist die Story sogar noch größer geworden.» Unterschiedlich bewerten die Arbeitsmarkt-Experten der großen Geldhäuser dagegen die aktuellen weltwirtschaftlichen Risiken. Sowohl Rolf Schneider von der Allianz als auch sein Kollege Kipar gehen davon aus, dass die wirtschaftlichen Probleme der Schwellenländer, inklusive Chinas, keine größeren Auswirkungen auf die deutsche Konjunktur haben werden. Und auch der niedrige Ölpreis werde sich eher positiv auf die deutsche Wirtschaft auswirken - auch wenn der Effekt möglicherweise erst zeitversetzt spürbar sein werde.

Commerzbank-Ökonom Tuchtfeld zögert dagegen, von einer stabilen Konjunkturlage zu sprechen. Er fürchte, dass in diesem Jahr in vielen Bereichen wichtige Konjunkturimpulse ausbleiben. So rechnet er etwa mit sinkenden deutschen Exporten nach China. «Und auch der Euro hat sich nach einer langen Talfahrt wieder gefestigt. Auch von der Seite dürfte also in diesem Jahr kein Schwung kommen», gibt er zu bedenken. Zudem zeichne sich bei der Europäischen Zentralbank allmählich ein Ende der expansiven Geldpolitik ab, die in den vergangenen Jahren Konjunkturtreiber gewesen sei.

Für den Januar rechnen die Volkswirte saisonbedingt mit stark steigenden Arbeitslosenzahlen - und zwar um rund 260 000 auf 2,941 Millionen. Stefan Kipar von der BayernLB erwartet sogar einen noch stärkeren Anstieg. «Im Dezember haben die Firmen wegen des milden Wetters witterungsbedingt kaum Stellen abgebaut. Das holen viele Firmen jetzt nach», glaubt er. Er geht von bis zu 290 000 zusätzlichen Erwerbslosen aus. Der Saisoneffekt ist im Januar wegen des witterungsbedingten Abbaus von Stellen auf dem Bau, dem Garten- und Landschaftsbau und der Gastronomie stark ausgeprägt. Die offiziellen Arbeitslosenzahlen will die Bundesagentur an diesem Dienstag (2.2.) veröffentlichen.

dpa