Von «Alaaf» bis «Zoch» - Ein ABC des Karnevals

Bei Karnevalszügen fliegen jede Menge Süßigkeiten durch die Luft. Foto: Oliver Berg
Bei Karnevalszügen fliegen jede Menge Süßigkeiten durch die Luft. Foto: Oliver Berg

Was will das Narrenvolk wirklich, wenn es «Kamelle!» schreit? Wo kann es gefährlich werden, «Helau» zu rufen? Das kleine Karnevals-ABC gibt Antworten auf nicht immer ganz einfache Fragen. Bütt und Bützje, Session und Saison, Alaaf und Helau - da soll sich einer auskennen. Hier alle essenziellen Fachausdrücke und Schlüsselbegriffe des Karnevals in alphabetischer Reihenfolge: Alaaf:Ruf der Kölner Karnevalisten. Bedeutet so viel wie «Köln über alles». Soll erstmals ertönt sein, als Kölner Wutbürger im Mittelalter einen erzbischöflichen Festungsturm stürmten (heute sitzt dort Alice Schwarzers «Emma»-Redaktion).

Bütt: Tonnenförmiges Pult, an dem mehr oder weniger lustige Reden geschwungen werden. Nicht zu verwechseln mit Bützje, einem unverbindlichen Wangenkuss.

Carneval :Ursprüngliche Schreibweise von «Karneval». Der Begriff setzt sich wahrscheinlich zusammen aus den beiden lateinischen Wörtern «carnis» (Fleisch) und «levare» (wegnehmen) und bezieht sich auf die Fastenzeit, in der man kein Fleisch essen durfte.

Dreigestirn: Regierendes Kölner Triumvirat aus Prinz, Bauer und Jungfrau. Die Jungfrau ist ein Mann.

Elfter Elfter : Am elften Elften um elf Uhr elf beginnt die neue Karnevalssession. Warum genau dann? Weiß man nicht.

Fasching: So wird der Karneval vor allem in Bayern bezeichnet. Für Rheinländer exotischer als Karneval in Rio.

Günter Grass: Studierte in der Karnevalshochburg Düsseldorf und schrieb 1968 die Kurzgeschichte «Einer unserer Mitbürger: Prinz Karneval». Darin geht es um einen Prinzen, der SA-Sturmführer gewesen ist. Angesichts der sehr viel später bekannt gewordenen Mitgliedschaft des Autors in der Waffen-SS nicht unpikant.

Herrensitzung:Karnevalssitzung für Männer mit Witzen über Frauen.

Indianer: Früher der Klassiker, heute ein Nischenkostüm.

Jeck: Kölsch für «Narr».

Kamelle: Ursprünglich Karamellbonbons, die aber heute niemand mehr haben will. Das Narrenvolk ruft an Rosenmontag zwar «Kamelle!», erwartet dafür aber mindestens Schokoladentafeln, Pralinen und Blumensträuße.

Lob der Torheit: Titel eines Buches des Humanisten Erasmus von Rotterdam (1466/69-1536). In der europäischen Geistesgeschichte bildet es die theoretische Grundlage für alle Arten von Spott, Parodie und Satire.

Motto: Spaß-Parole für jeweils eine Karnevalssession, häufig mit einer Anspielung auf aktuelle Entwicklungen. Als die Kölner 1849 auf eine «Reise nach Californien» gingen, hatte gerade der kalifornische Goldrausch eingesetzt. 1870 hieß das Motto «Die Eröffnung des Suezkanals» und 1885 «Held Carneval als Kolonisator».

Narrhallamarsch: Musikstück der Mainzer Fastnacht.

Orden: Sollten einst höfische und militärische Ehrungen parodieren, wurden dann aber selbst zum Prestigeobjekt.

Prinz Karneval: Ursprünglich gab es keinen Karnevalsprinzen, sondern einen Karnevalskönig. Die preußische Polizei setzte 1824 jedoch durch, dass aus dem König Carneval ein Held Carneval und später ein Prinz wurde. Begründung: In Preußen gibt es nur einen König, und der sitzt in Berlin.

Querulantentum: Falls man durch Kamelle oder andere Wurfgeschosse beim Rosenmontagszug verletzt wird, hat man sich das selbst zuzuschreiben: Kamelle-Werfen sei in Köln «sozial üblich, allgemein anerkannt und erlaubt», hat das örtliche Amtsgericht vor vier Jahren entschieden. Wer das Risiko nicht tragen wolle, könne ja zuhause bleiben. 

Rosenmontag: Höhepunkt des Straßenkarnevals mit Umzügen, die gefühlte 24 Stunden im Fernsehen übertragen werden.

Session: Der Karnevalist spricht nicht von der neuen Saison, sondern von der Session. 

Tusch: Zeigt den Teilnehmern einer Karnevalssitzung an, wann sie lachen müssen.

Uniform: Die Prinzengarde trägt kein Kostüm, sondern Uniform.

Verweigerer: Nicht karnevalisierbarer Gegner des organisierten Frohsinns, der sich spätestens an Weiberfastnacht an die Nordsee oder ins örtliche Möbelzentrum verzieht. Sein Motto: «Der Trick ist, dass man sich verpisst, bis wieder Aschermittwoch ist.»

Weiberfastnacht:Beginn des Straßenkarnevals, immer donnerstags. Frauen übernehmen die Macht und schneiden Krawatten ab. Wirkt mittlerweile aus der Zeit gefallen.

Zoch: Wer nicht mal weiß, was der Zoch ist, dürfte zu jener Mehrheit der Bundesbürger zählen, die der Karneval kalt lässt.

dpa