Gut jeder achte registrierte Flüchtling verschwunden

Fingerabdruck eines Migranten: Knapp jeder achte registrierte Flüchtling gilt aus Behördensicht als verschwunden. Foto: Friso Gentsch
Fingerabdruck eines Migranten: Knapp jeder achte registrierte Flüchtling gilt aus Behördensicht als verschwunden. Foto: Friso Gentsch

Bei Zehntausenden Flüchtlingen wissen die Behörden nicht, was aus ihnen geworden ist. Sind sie untergetaucht, weitergereist oder nur doppelt registriert? Knapp jeder achte registrierte Flüchtling verschwindet vom Radar der Behörden. Im vergangenen Jahr kamen rund 13 Prozent der als Asylbewerber registrierten Menschen nicht bei der zuständigen Erstaufnahmeeinrichtung an.

Insgesamt waren 2015 etwa 1,09 Millionen Flüchtlinge erstmals im sogenannten Easy-System erfasst worden (System zur Erstverteilung von Asylsuchenden). 

Somit geht es also um rund 142 000 Menschen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorlag und über die die «Süddeutsche Zeitung» zuerst berichtete. Als mögliche Gründe nennt die Regierung unter anderem eine Rückkehr in die Heimat, Weiterreisen in andere Länder und das Untertauchen in die Illegalität. Auch Menschen, die bei Verwandten unterkommen, könnten darunterfallen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Mit dem Ankunftsnachweis, der derzeit flächendeckend eingeführt werde, und mit dem Asylpaket II beschlossenen Möglichkeiten zur Leistungseinschränkung würden die Zahlen künftig sinken, sagte der Sprecher.

Der Chef des Bundesamtes für Migration (BAMF), Frank-Jürgen Weise, hatte am Vortag von 200 000 bis 400 000 Menschen gesprochen, von denen die Behörden Namen und Identität nicht kennen würden. «Das werden wir über den Ankunftsausweis bewältigen», sagte Weise.

Die Ministeriumsantwort zeigt zudem, dass Deutschland immer weniger Asylbewerber an eigentlich zuständige EU-Länder abgeben kann. Demnach stellten die deutschen Behörden nur noch bei jedem zehnten Asylbewerber die Anfrage an einen EU-Partner, diesen zurückzunehmen - 2014 war dies bei jedem fünften der Fall. Laut dem Dublin-System der EU ist derjenige Mitgliedsstaat für den Schutzsuchenden verantwortlich, in dem der Flüchtling erstmals EU-Boden betritt. Für Syrer hatte Deutschland das Prinzip zeitweise nicht nur faktisch, sondern auch rechtlich außer Kraft gesetzt.

Bei den Terminen, bei denen Asylsuchende einen Antrag bei einer Außenstelle des BAMF stellen konnten, kam es laut den Regierungsangaben zu einem Rückstau. Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke kritisierte, es dauere mindestens drei Monate, ehe registrierte Flüchtlinge dazu kommen, einen formellen 

Asylantrag zu stellen. «Asylverfahren dauern also inklusive Wartezeit im Schnitt mindestens 8,2 Monate und nicht 5,2 Monate – wie die Bundesregierung uns weismachen will.» Ab dem ersten Quartal 2016 sollen die Anträge schneller angenommen werden, so die Regierung.

dpa