Von der Leyen darf Doktortitel trotz Plagiat behalten

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte in der CDU als Quereinsteigerin eine atemberaubende Karriere gemacht. Foto: Carmen Jaspersen/Archiv
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte in der CDU als Quereinsteigerin eine atemberaubende Karriere gemacht. Foto: Carmen Jaspersen/Archiv

Glimpfliches Ende der Plagiatsaffäre um die Doktorarbeit von Ursula von der Leyen (CDU): Nach monatelanger Prüfung hat die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) den Doktortitel der Verteidigungsministerin trotz handwerklicher Fehler bestätigt. Das entschied der Senat der Hochschule am Mittwoch nach Prüfung der Plagiatsvorwürfe mit klarer Mehrheit. An einigen Stellen habe von der Leyen Texte anderer Wissenschaftler übernommen, ohne dies entsprechend zu kennzeichnen, sagte MHH-Präsident Christopher Baum.

«Es geht um Fehler, nicht um Fehlverhalten.» Es habe keine Täuschungsabsicht vorgelegen.

 

Die MHH hatte die Doktorarbeit von der Leyens, die nur 62 Seiten umfasst, ein halbes Jahr lang geprüft. Plagiatsjäger hatten ihr im September schwere Regelverstöße in der 1990 erschienenen Arbeit vorgeworfen. Von der Leyen (57) stritt die Vorwürfe ab. Sie selbst bat ihre frühere Hochschule um eine Überprüfung der Arbeit.

 

Die entdeckten Fehler beeinträchtigten den wissenschaftlichen Wert der Arbeit nicht, für die von der Leyen die Note sehr gut erhielt, betonte Baum. Vielmehr handele es sich um eine handwerklich nicht saubere Arbeitsweise, die im Wesentlichen die Einleitung der Doktorarbeit betreffe. Dies stelle einen Verstoß gegen die gute wissenschaftliche Praxis dar. Diese Kritik der Hochschule und eine Erläuterung des Schweregrads ihrer Fehler würden der Ministerin nun in einem Schreiben erläutert, sagte Baum.

 

Die Ministerin reagierte erleichtert aber auch mit Selbstkritik auf den Entscheid der Hochschule. «Teile meiner damaligen Arbeit entsprechen nicht den Maßstäben, die ich an mich selber stelle», hieß es in einer in Berlin veröffentlichten Erklärung. «Ich bin froh, dass die Universität nach eingehender Prüfung zum Schluss gekommen ist, dass meine Experimente für die medizinische Forschung relevant waren und die Arbeit insgesamt die wissenschaftlichen Anforderungen erfüllt.»

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich unmittelbar vor der Entscheidung der Hochschule hinter ihre Ministerin gestellt. Auf die Frage, ob sie auch ohne den akademischen Grad noch das Vertrauen der Kanzlerin habe, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin: «Selbstverständlich. Die Ministerin ist eine hervorragende Verteidigungsministerin.» In der Vergangenheit sahen sich mehrere Politiker mit Plagiatsaffären konfrontiert. So trat zum Beispiel Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) 2011 kurz nach Entzug seines Doktortitels zurück.

 

Bei der Beurteilung durch den Senat der Medizinischen Hochschule gab es sieben Stimmen für und eine gegen die Bestätigung des Doktortitels von der Leyens sowie eine Enthaltung. Von den 47 von Plagiatsjägern aufgeführten Textpassagen hielt der Senat 15 für nicht zu beanstanden. In 8 Fällen ging es demnach um geringfügige Plagiate, 21 wurden als mittelschwer und 3 als schwer eingestuft.

 

Den ebenfalls erhobenen Vorwurf, die Ministerin habe mit der Studie zu ihrer Doktorarbeit gegen ethische Normen verstoßen, wies die MHH zurück. «Im Ergebnis wurde kein Verstoß gegen Ethikrichtlinien festgestellt, sagte der MHH-Ombudsmann Prof. Thomas Werfel. «Eine Gesundheitsgefährdung der Personen durch das angewandte Bäderverfahren konnte ausgeschlossen werden.»

 

Von der Leyen hat ihre Doktorarbeit vor 26 Jahren geschrieben. Der wichtigste Experte für saubere wissenschaftliche Arbeit in Deutschland, Professor Wolfgang Löwer (Bonn), sprach sich dafür aus, nach so langer Zeit keine Sanktionen mehr gegen die Autoren zu erheben. Es gehe ihm nicht darum, verdächtige Doktorarbeiten nicht mehr zu prüfen, sondern um den gesellschaftlichen Schutz der Verfasser, sagte er der dpa. «Nur die Sanktionsbefugnis sollte verjähren», so Löwer. «Man müsste dann nicht seinem gesamten wirtschaftlichen und privaten Umfeld mitteilen: Übrigens, ich bin kein Doktor mehr. Man müsste dann auch nicht mehr Kündigungen durch den Arbeitgeber fürchten.» (DPA)