Deutsche Konzerne setzen verstärkt auf Start-ups

Mitarbeiter der Bosch Startup Plattform: Über diesen konzerninternen Bereich und einen eigenen Venture-Capital-Fonds ist Bosch im Startup-Bereich aktiv. Foto: Wolfram Kastl/Archiv
Mitarbeiter der Bosch Startup Plattform: Über diesen konzerninternen Bereich und einen eigenen Venture-Capital-Fonds ist Bosch im Startup-Bereich aktiv. Foto: Wolfram Kastl/Archiv

Start-ups sind bei deutschen Konzernen immer höher im Kurs. Firmen wie Bosch weiten ihre Investitionen aus, dieses Jahr sollen die Mittel für Risikobeteiligungen (Venture Capital) um 150 Millionen auf 420 Millionen Euro aufgestockt werden. Zuvor hatte das «Handelsblatt» darüber berichtet. Konzerne wie SAP und die Telekom sind mit milliardenschweren Fonds schon seit längerem dabei. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) nennt den Trend «wichtig, um auch künftig im Wettbewerb zu bestehen». Das Beratungsunternehmen EY (Ernst & Young) spricht von einem starken Trend.

Gesamtzahlen gibt es nicht. Experten sind sich aber einig: Die Ausgaben nehmen zu.

 

Es gehe zwar auch ums Geldverdienen, primär aber um die Sicherung der «Innovationsführerschaft», sagt Ingo Ramesohl, Geschäftsführer der Robert Bosch Venture Capital GmbH (RBVC). Wichtig sei, dass man durch die Investitionen direkt in der Start-up-Szene aktiv sei und dadurch früh Trends und Innovationen erkenne. «Wir sehen, wie Start-ups in der Regel sehr schnell Signale vom Markt aufnehmen und verarbeiten.» Aus dieser Zusammenarbeit können zum Beispiel auch Kunden-Lieferanten-Beziehungen entstehen.

 

Bisher habe man sich an 30 Firmen mit fünf bis 25 Prozent beteiligt, ob in Europa, den USA oder anderen Regionen. In Israel seien beispielsweise Anteile an der Firma CropX gekauft worden, die aus Datenströmen Bewässerungs- und Düngeempfehlungen für Bauern ableite.

 

Nach etwa drei bis fünf Jahren müssen die Kleinfirmen am Markt erfolgreich sein, dann erfolge in der Regel der «Exit», also Verkauf oder Börsengang. Bisher gab es sechs «Exits» - die Gestenerkennungs-Firma Pebbles zum Beispiel ging an Facebook.

 

Hintergrund des Start-up-Trends ist die Überlegung, dass große Konzerne Innovationen nicht schnell genug aufnehmen und in ihr Produktportfolio integrieren können. «Die Genehmigungsprozesse in Konzernen sind langwierig und die administrativen Hürden hoch - das hemmt Entwicklungen», sagt EY-Experte Peter Lennartz. «Bei Start-ups ist das anders: Die legen los und sind viel schneller als die großen Tanker.»

 

Zusätzlich zu den Investitionen in externe Start-ups setzen die Großfirmen auf eigene Bereiche, die sich abseits von eigentlichen Konzernstrukturen relativ frei entwickeln können. Thyssenkrupp etwa will über eigene Start-up-Einheiten den kreativen Input sichern. Ein Konzernsprecher betont, diese Einheiten seien «schnelle Beiboote, die das Konzern-Mutterschiff noch schneller machen».

 

Die Liste der Konzerne mit Start-up-Aktivitäten ist lang. Siemens Venture Capital stellte dafür bis 2014 etwa 800 Millionen Euro bereit, neuere Zahlen gibt es noch nicht. Investiert wurde etwa in die 2014 gegründete Robotertechnik-Logistikfirma Magazino. BMW investiert bis 2020 bis zu 100 Millionen Euro, etwa in «JustPark», eine Online-Plattform zur Vermittlung von Parkraum in Großbritannien.

 

SAP, dessen Start-up-Arm 2013 - auch mit Mitteln von Dritten - von 0,65 auf 1,4 Milliarden US-Dollar aufgestockt wurde, beteiligte sich zum Beispiel an dem beruflichen Netzwerk Linkedin. Und Deutsche Telekom Capital Partners verwaltet ein Vermögen von gut zwei Milliarden Dollar und Anteile an 70 Firmen.

 

Daumen rauf signalisiert auch der BDI. Dessen Start-up-Experte Jan Christian Sahl sagt, die Konzerne profitierten von den Innovationen abseits ihrer oftmals komplizierten und schwerfälligen Entscheidungsprozesse. Viele Großkonzerne hätten die Dringlichkeit der Start-up-Aktivitäten verstanden, bei Kooperationen im Mittelstand gebe es hingegen «noch viel Luft nach oben», so der BDI-Mann. (DPA)