Gläubiger zurück in Athen: Bewährungsprobe für Griechenland

Griechenlands Schuldenkrise beherrscht derzeit zwar nicht die Schlagzeilen, ist aber weiter ungelöst. Foto: Simela Pantzartzi/Archiv
Griechenlands Schuldenkrise beherrscht derzeit zwar nicht die Schlagzeilen, ist aber weiter ungelöst. Foto: Simela Pantzartzi/Archiv

Die von den Griechen ungeliebten Gläubiger-Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) sind zurück in Athen. Worum geht es bei den Gesprächen und wird die Lage für das hoch verschuldete Griechenland wieder brenzlig? Ein Überblick: Wozu sind die Vertreter der Gläubiger nach Athen gereist? Im Sommer 2015 hatten die Institutionen ein drittes Hilfspaket für Griechenland mit einem Volumen von bis zu 86 Milliarden Euro geschnürt. Im Gegenzug verpflichtete sich Athen zu weitreichenden Reformen.

Die Hilfskredite werden häppchenweise ausgezahlt, immer unter der Bedingung, dass die Reformen vorankommen. Das wollen die Gläubiger jetzt kontrollieren.

 

Droht Griechenland wieder eine Staatspleite?

Das könnte immer noch passieren. Derzeit hängt alles von den weiteren Verhandlungen ab. Im Juli laufen Kredite des IWF und der EZB an Athen im Volumen von gut 2,7 Milliarden Euro aus. Wenn die Gläubiger bis dahin kein frisches Geld nachlegen, wird es eng für Griechenland. An den Finanzmärkten sind die Anleger jedenfalls wieder wachsamer geworden. Die Renditen - also quasi die Verzinsung - auf griechische Staatspapiere sind in den vergangenen Tagen gestiegen, weil die Investoren das Risiko einer Pleite wieder etwas höher einschätzen.

 

Worüber wird in Athen gesprochen?

Konkret geht es um Reformen und Einsparungen im Volumen von 5,4 Milliarden Euro. Dazu gehören eine Rentenreform, der Umgang mit «faulen» Krediten und Steuererhöhungen. Für die griechische Regierung unter Alexis Tsipras ist der Reformkurs ein schwieriger Spagat, denn in der Bevölkerung stößt er auf heftigen Widerstand. Kürzlich streikten Staatsbedienstete, Fluglotsen, Journalisten, Ärzte und Lehrer. Tausende Menschen protestierten in den Straßen von Athen.

 

Was sind die Streitpunkte?

Unter den Geldgebern kritisiert vor allem der IWF, dass die griechische Regierung die zugesagten Reformen zu langsam umsetze. Ein wichtiges Streitthema sind auch Privatisierungen von staatlichen Unternehmen. Athen hatte zugesagt, durch Verkäufe insgesamt 50 Milliarden Euro in die Staatskasse zu spülen. Bislang wurden aber nur magere 2,5 Milliarden Euro erzielt, die Regierung peilt inzwischen insgesamt nur noch 15 Milliarden Euro an. Ein Problem ist auch, dass die Preisvorstellungen am Markt nicht umzusetzen sind.

 

Wer sind die größten Widersacher?

Am meisten Spannungen gibt es zwischen Griechenland und dem IWF, weil dieser am stärksten auf Reformen pocht. Zuletzt hatte die Stimmung einen Tiefpunkt erreicht, nachdem die Enthüllungsplattform Wikileaks das angebliche Protokoll eines Telefonats zwischen IWF-Mitarbeitern veröffentlicht hatte. Dies wurde in Athen so interpretiert, dass der IWF Griechenland mit der Staatspleite drohen wolle, um Druck auf das Land auszuüben. IWF-Chefin Christine Lagarde wies die Vorwürfe als «Unsinn» zurück.

 

Ist eine Fortsetzung der Athen-Rettung ohne den IWF möglich?

Grundsätzlich ja. In Athen würde sich so mancher darüber freuen. Auch unter den Gläubigern gibt es inzwischen Töne, die zumindest Gleichgültigkeit signalisieren. Die Europäer könnten die Probleme allein lösen, sagte etwa das österreichische EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny. Der IWF sei an sich für eine Stabilisierung Griechenlands nicht mehr notwendig. Aber Bundeskanzlerin Angela Merkel will den Währungsfonds möglichst dabei haben und auch die IWF-Chefin selbst betont, man wolle sich nach wie vor beteiligen.

 

Werden Griechenland Schulden erlassen?

Danach sieht es derzeit nicht aus. Bundeskanzlerin Merkel lehnt jedenfalls einen Schuldenschnitt ab. Dies sei «schlicht und ergreifend nach unserer Auffassung rechtlich nicht möglich». Dagegen ist der IWF unter den Gläubigern der entschiedenste Befürworter von Schuldenerleichterungen. Anders könne Griechenland nicht auf die Beine kommen, so das Argument. Schuldenerleichterungen müssen aber nicht unbedingt einen Schuldenschnitt bedeuten. Denkbar sind auch die Verlängerung der Kreditlaufzeiten oder Senkung der Zinsen.

 

Wie geht es jetzt weiter?

In Kürze sollen zunächst die wichtigsten Streitpunkte aufgelistet werden. Athen hofft, dass man dann bis Ende April zu einer Einigung kommt. Bundeskanzlerin Merkel ist verhalten zuversichtlich: «Ich glaube, wir sind auf einem sehr vernünftigen Weg, aber wir sind leider noch nicht am Ziel.» (DPA)