Debatte um Toleranzpreis für «Code Pink»

Kurz vor der umstrittenen Verleihung des Toleranzpreises der Stadt Bayreuth an die US-Bürgerrechtsbewegung «Code Pink» zeigen sich die Aktivistinnen selbstbewusst. «Wir wollen uns dieser Diskussion stellen», sagte die Sprecherin der Gruppe in Deutschland, Elsa Rassbach, der Deutschen Presse-Agentur. «Dass israelkritisch zu sein nicht das Gleiche ist wie israelfeindlich, das muss in Deutschland debattiert werden.» Es wird debattiert - und zwar heftig. Der israelische Botschafter in Deutschland ist entsetzt, eine berühmte Laudatorin sagt ab, Protest am Abend der Preisverleihung steht an. «Code Pink», bekannt auch für Störaktionen, soll also an diesem Freitag (15. April, 18.00 Uhr) den «Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis» für Toleranz und Humanität erhalten, dotiert mit 10 000 Euro. Die Gruppe selbst, die vor zwei Jahren bereits den Aachener Friedenspreis erhielt, beschreibt sich als von Frauen getragene Friedens- und Bürgerrechtsorganisation. Und durchaus als israelkritisch.

Die Oberbürgermeisterin der oberfränkischen Stadt jedenfalls hatte die Verleihung stoppen wollen. Denn einige halten «Code Pink» für mehr als kritisch: für israelfeindlich. Im Februar aber beschloss eine Mehrheit im Stadtrat, vorerst endgültig, die Auszeichnung doch an die NGO zu vergeben, entgegen der Haltung von OB Brigitte Merk-Erbe.

 

Die Vorgeschichte: Die Universität Bayreuth schlägt «Code Pink» als Preisträger vor. Ein Bericht der «Jerusalem Post» reagiert darauf. Darin wird der Organisation eine israelfeindliche Einstellung vorgeworfen, außerdem hätten Aktivistinnen der Organisation mit Holocaust-Leugnern an einer Konferenz im Iran teilgenommen.

 

Der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, kritisiert scharf: «Ich bin entsetzt, dass ausgerechnet in Deutschland im Namen von Toleranz und Humanität die Organisation «Code Pink» ausgezeichnet werden soll.» Der Zentralrat der Juden und die Deutsch-Israelische Gesellschaft Bayreuth-Oberfranken äußern sich ebenso kritisch.

 

Die NGO hingegen dementiert, israelfeindlich zu sein. «Code Pink hat nie in Statements das Existenzrecht des Staates Israel geleugnet», sagt Mitglied Ann Wright, die mit anderen Vertreterinnen zur Verleihung kommen soll. Aber: «Wir stehen dazu, dass Israel sich an internationales Recht halten und wirkliche Gleichheit für alle seine jüdischen und arabaischen Bürger walten lassen muss.» Eine Position, die auch viele jüdische Israelis verträten.

 

Kritik am israelischen und auch am US-amerikanischen Staat fällt für «Code Pink» unter ihr erklärtes Hauptziel: die Beendigung von Kriegen und Militarismus. Auch den Iran-Vorwurf wehrt «Code Pink»-Mitgründerin Medea Benjamin ab. Auf der Konferenz 2014 sei sie mit US-Wissenschaftlern gewesen, die am Iran-Atom-Abkommen gearbeitet hätten. «Ich war im Iran, um darüber zu reden, wie wichtig ein Abkommen ist, damit die Bevölkerung in der Region einem weiteren desaströsen Krieg entkommt.»

 

Eine Preisverleihung wie sonst auch wird es diesmal nicht in Bayreuth. Als Laudatorin für die Preisverleihung war die Schauspielerin Jasmin Tabatabai vorgesehen, wie es von der Stadt hieß. Sie habe jedoch - aufgrund der Debatte - abgesagt. Tabatabai selbst äußere sich dazu nicht, teilt ihre Managerin auf Nachfrage mit.

 

Nun soll der evangelische Dekan von Bayreuth, Hans Peetz, ein paar Worte sagen. Seine Ansprache nennt er offiziell «Gedanken zur Preisverleihung». Eine herkömmliche Laudatio will er nicht halten, dafür aber die Kritik an den Preisträgern erwähnen. «Das kann man ja nicht verschweigen», sagte Peetz der dpa. Er aber halte «Code Pink» durchaus für preiswürdig. Anders als die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Bayreuth. Deren Chef Günter Beck-Mathieu kündigte Protest für Freitagabend an. Störaktionen seinerseits seien definitiv nicht geplant, sagte er, aber ein Transparent - und ein Tisch mit Stuhl. Als Gesprächsangebot an «Code Pink». (DPA/LBY)