Wahl-Debakel für Österreichs Regierungsparteien

Norbert Hofer (R) von der FPÖ, Irmgard Griss und der Grüne Alexander Van der Bellen nach Bekanntgabe de Ergebnisse. Foto: Christian Bruna
Norbert Hofer (R) von der FPÖ, Irmgard Griss und der Grüne Alexander Van der Bellen nach Bekanntgabe de Ergebnisse. Foto: Christian Bruna

Die rot-schwarze Koalition in Österreich lehnt nach ihrem Wahldebakel bei den Präsident-schaftswahlen personelle Konsequenzen ab. Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann sieht sich nach eigenen Worten weiterhin fest im Sattel. «Ich spüre eine sehr breite und starke Unterstützung», sagte Faymann am Sonntagabend. Auch Vizekanzler und ÖVP-Vorsitzender Reinhold Mitterlehner sieht keinen Anlass für Personaldebatten. Allerdings müsse die Koalition einen inhaltlichen Neustart hinlegen. Dafür gebe es eine «letzte Chance.»

 

Die erste Runde der Präsidentschaftswahl hatte am Sonntag der rechtspopulistischen FPÖ einen Triumph beschert. Ihr Kandidat Norbert Hofer (45) kam auf rund 35 Prozent. Er wird sich in der Stichwahl am 22. Mai mit dem Zweitplatzierten, dem Wirtschaftsprofessor Alexander Van der Bellen aus dem Lager der Grünen messen. Der 72-Jährige kam auf 21,3 Prozent. Die Kandidaten von SPÖ und ÖVP waren spektakulär mit jeweils nur elf Prozent gescheitert. Die unabhängige Ex-Richterin Irmgard Griss hatte 19 Prozent der Wähler überzeugt. Der Bauunternehmer Richard Lugner war bei 2,3 Prozent gelandet.

 

Die FPÖ hatte unter dem europakritischen Slogan «Österreich zuerst» Stimmung auch in der Flüchtlingsfrage gemacht. Die einst von Jörg Haider dominierte FPÖ wurde aber nach ersten Analysen darüber hinaus zu einem Sammelbecken der Protestwähler ganz generell. Sehr viele Menschen in Österreich sind unzufrieden mit der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung, die von stetig steigender Arbeitslosigkeit geprägt ist.

 

Auch die Flüchtlingsfrage spielte im Wahlkampf eine große Rolle. Hofer und die FPÖ sind für eine strikt restriktive Flüchtlingspolitik. Van der Bellen dagegen vertritt die Haltung, dass Österreich durchaus weiterhin viele Asylbewerber integrieren könne.

 

Unterdessen spaltet die Abkehr der Regierung von der einstigen Willkommenspolitik die SPÖ immer mehr. Die Sozialistische Jugend interpretiert das Ergebnis der Bundespräsidenten-Wahl als Abwahl der Politik von SPÖ-Chef Faymann. Faymann glaube, mit einer «Politik aus Notstand und Zäunen der FPÖ das Wasser abgraben zu können», das habe schiefgehen müssen, kritisierte die SPÖ-Nachwuchsorganisation.

 

Am 22. Mai werden 6,4 Millionen Österreicher ab 16 Jahren endgültig das neue Staatsoberhaupt wählen. Hofer gilt nach Überzeugung von Wahlforschern als klarer Favorit. Der Bundespräsident wird für sechs Jahre gewählt und kann einmal wieder kandidieren. Amtsinhaber Heinz Fischer scheidet im Juli nach zwei Amtsperioden aus. (DPA)